Für Bäcker und Bauer Simon Peter ist die Regionalität nicht nur eine Floskel. Auf dem eigenen Bauernhof im Luzerner Seetal stellt er sein preisgekröntes Biobrot her – mit ursprünglichem Sauerteighandwerk verbackt er sogar sein eigenes Getreide. Eine Reportage zwischen Kuhstall und Backstube.
Der Raum ist länglich und eng – wie ein schmaler Schlauch. Vorne beim Fenster hat es einen Tisch mit einer Waage und einigen weissen Kunststoffeimern. Davor steht ein junger Mann von schlanker Statur. Es ist Bäcker-Konditor Simon Peter. Er frischt soeben die Sauerteige für den nächsten Tag auf.
Klein anfangen
Die kleine Backstube hat einen Vorteil: sie ist übersichtlich. Simon hat sie vor sechs Jahren in die Kellerräume integriert, unterhalb des Wohnhauses. Inzwischen platzt die Biohofbäckerei aus allen Nähten. Der soeben erwähnte Produktionsraum ist mit dem Tisch, zwei Knetmaschinen und dem Backofen mehr als voll. Im Lagerraum nebenan ist jeder kleinste Platz mit Kühlern und Tiefkühlern vollgestellt, und auch das Mehl lagert Simon dort in Säcken. «Dies ändert sich bald – endlich!», freut sich Simon Peter. Gemeinsam gehen wir nach draussen, um die Baustelle zu besichtigen. «Da entstehen unsere neuen Produktionsräumlichkeiten», erklärt Simon und zeigt auf den Hausanbau, an dem Handwerker eifrig beschäftigt sind.
Die Rohmilch für unsere Zöpfe kommt von den eigenen Kühen, und für einen Teil der Eier sorgen unsere 15 Hühner.
Simon Peter
Biobäckerei Bachhalde
Gären lassen
Wir gehen zurück in die Backstube, wo Simon mit dem Auffrischen seines Sauerteigs weiterfährt. Er holt den Weizen-Roggen-Grundsauer aus dem Kühler und wägt in drei Eimern eine bestimmte Menge ab. In den ersten Eimer gibt er Dinkelschrotmehl und Joghurt dazu. «Rahm, Butter und Joghurt beziehe ich regional von der Bio-Chäsi Trutigen in Sempach-Station. Die Rohmilch für unsere Zöpfe kommt von den eigenen Kühen, und für einen Teil der Eier sorgen unsere 15 Hühner», verrät Simon stolz. Beim zweiten Eimer gibt er Roggenmehl hinzu und im dritten folgt Weizen-Ruchmehl und ein wenig Roggenmehl. Anschliessend fügt er zu allen drei Eimern lauwarmes Wasser im Verhältnis eins zu eins zum Mehl bei und rührt die eher flüssigen Teige gut durch. «Wichtig bei der Sauerteigherstellung ist, dass ich immer alles genau gleich mache, um eine konstante Qualität zu erreichen», weiss der Fachmann.
Obwohl die Arbeit seiner vollen Konzentration bedarf, erzählt er, dass er zuerst eine Lehre als Bäcker-Konditor und anschliessend eine als Landwirt absolviert habe. «Während der Ausbildung zum Landwirt habe ich das Fach ‹Direktvermarktung› belegt.» So habe die Idee, eine Biohofbäckerei zu eröffnen, seinen Lauf genommen. Zuerst sammelte er Berufserfahrung in einer grösseren Bäckerei sowie als Müller in der Bachtalmühle in Sins. Anschliessend zog es ihn in die familiäre Bäckerei Meyer nach Hitzkirch. Im Jahr 2015 begann er mit Sauerteigexperimenten und der Entwicklung seines eigenen Sauerteigbrots. Mit Erfolg. Sein Brot fand Anklang und so reduzierte er schrittweise sein Pensum bei Meyers, um seine eigene Bäckerei aufzubauen.
Nun sind die Sauerteige aufgefrischt. Simon setzt die Deckel nur leicht auf und erklärt lächelnd: «Sie brauchen Sauerstoff. » Den Dinkelsauerteig lässt er bei Raumtemperatur gehen, die anderen zwei Eimer stellt er in den Gärraum unterhalb des noch warmen Ofens. «Da drin ist es 30 Grad warm. Nach rund zweieinhalb Stunden werde ich alle Sauerteige in den Kühler zügeln. Dann sind sie bereit für die Teigherstellung in der nächsten Nacht.»
Wichtig bei der Sauerteigherstellung ist, dass ich immer alles genau gleich mache.
Simon Peter
Biobäckerei Bachhalde
Biohof Bachhalde
6277 Lieli
Start Biobäckerei: im Jahr 2015 mit Sauerteigtests sowie der Entwicklung eines Bio-Sauerteigbrots. Mit dem Ziel, den Landwirtschaftsbetrieb weiter auszubauen, gründete der gelernte Bäcker-Konditor Simon Peter die Biobäckerei als neuen Betriebszweig.
Bio Gourmet Knospe: Sonderauszeichnung für das Sauerteigbrot und den Butterzopf sowie den Urdinkelzopf in Bioqualität.
Die Familie: Andreas und Marianne Peter Waltenspül, die Eltern von Simon (Jg. 1991) und Raphael (Jg. 1996), alle gelernte Landwirte, führen den Hof als Generationengemeinschaft. Die älteren Geschwister Stefanie, Fabian und Tobias helfen bei Betriebsanlässen tatkräftig mit.
Der Biohof: umfasst 15,6 ha landwirtschaftliche Nutzfläche sowie 2 ha Wald und beherbergt insgesamt rund 20 Milchkühe und Kälber.
Kernaufgaben: Milchwirtschaft, Ackerbau mit 1,70 ha Dinkel oder Weizen, 1 ha Triticale (Eiweisserbsen für Viehfutter), 1 ha Naturschutzfläche (Blumenwiese), Obstbau- und Mostobstproduktion.
Besonderes: Die Biobäckerei mit Direktvermarktung im Hofladen und Lieferungen an verschiedene Abnehmer. Weiter die «Fürobehötte» – Übernachtung in der Holzhütte ohne Strom mit Bäckerzmorge sowie ein Partyraum zum Mieten, der bis zu 30 Personen Platz bietet.
Hof-Events: Brunch an Pfingsten und Country-Festival im September.
Zukunftspläne: Nach der Pensionierung von Andreas Peter Waltenspül wird der Betrieb in eine GmbH umgewandelt werden.
Gross herauskommen
Simons Tage beginnen nachts. Heute steht er bereits seit zwei Uhr morgens in der Backstube, gemeinsam mit seinen zwei Mitarbeiterinnen Manuela und Veronika. «Manuela ist meine Stellvertreterin und arbeitet seit 2017 in einem 60-Prozent- Pensum bei mir. Sie hat sich damals auf mein Inserat in der regionalen Wochenzeitung ‹Barni-Post› gemeldet, als ich eine Wiedereinsteigerin gesucht habe.» Weil die Biobäckerei Bachhalde auch während der Corona-Pandemie weitergewachsen ist, kam im Januar 2021 Veronika dazu. Als ich morgens um sechs Uhr eintraf, kamen gerade die letzten Brote aus dem Ofen. Nun gilt es, die frischen Brote und Gebäcke auszuliefern. Empfänger sind grössere Hofläden im Kanton Zug sowie in Hohenrain und Schongau, die Landi Oberseetal und der Bioladen in Hochdorf. «Für die Lieferungen habe ich inzwischen einen Chauffeur angestellt, und mein Bruder Raphael unterstützt mich ebenfalls dabei», erzählt Simon. Sobald die Brote in den Transporter verladen und ausgefahren sind, wird es ruhiger in der Backstube. Simon will mir das eigene Hoflädeli «Lieli» zeigen. Es befindet sich vor der Backstube.
Im Moment können wir 50 Prozent des Mehlbedarfs mit eigenem Getreide abdecken.
Simon Peter
Biobäckerei Bachhalde
Anerkennung ernten
Im Gang zum Lädeli zeigt Simon auf die an der Wand aufgehängten Auszeichnungen von Bio Suisse. «Im Jahr 2015 habe ich mein selbstentwickeltes Sauerteigbrot von Bio Suisse verkosten lassen und dabei prompt die Sonderauszeichnung gewonnen. Sie prämiert die Qualität von ‹Bio Gourmet Knospe›-Produkten», freut er sich. Daneben hängen weitere Diplome: Im Jahr 2018 heimste er die Auszeichnung für den Urdinkelzopf sowie die Sonderauszeichnung für den Butterzopf in Bioqualität ein. Einen weiteren Grosserfolg verzeichnete Simon Peter im Jahr 2017 mit dem Gewinn des Titels «Brot-Chef». So darf sich der Sieger des vom Schweizer Bäckerei- und Konditoreipersonalverbands ins Leben gerufenen Branchenwettbewerbs nennen.
Im Hofladen steht ein Kühlschrank mit Molkereiprodukten, daneben eine Tiefkühltruhe mit Fleisch und Brot. Und im Wandgestell über der Truhe warten Konfitüre, Mehl, Guetzli und Paniermehl, Linzertörtli, Birnenweggli, Mandel- sowie Nussstangen und Pastetli auf Kundschaft. Das Wichtigste fehlt noch: das Brotregal. «Frisches Brot gibt es hier nur freitags und samstags. Wir bieten rund neun Sorten Brot an, darunter vier verschiedene Dinkelbrote, Bauernbrot, Roggen- und Weizensauerteigbrot sowie Ruch- und Körnlibrot. Natürlich dürfen auch Gipfeli nicht fehlen [schmunzelt]. An den anderen Tagen können die Kundinnen und Kunden sich mit Brot aus dem Tiefkühler eindecken», erklärt Simon.
Zurück zum Ursprung
Simons Verständnis für die Eigenproduktion geht aber noch viel weiter. Er berichtet stolz: «Auf der Bachhalde bauen wir Weizen, Dinkel und zwischendurch auch Emmer und Hafer an. Im Moment können wir 50 Prozent des Mehlbedarfs mit eigenem Getreide abdecken. Das Getreide lasse ich in der Ferrenmühle von Kleinwangen mahlen. Von dort beziehe ich auch die andere Hälfte des Mehls. Denn alles von der Mühle vermahlene Getreide stammt aus dem Seetal.» Wir gehen zurück in die Backstube, wo er als Nächstes das Brühstück für das Dinkelsauerteigbrot zubereitet. Auch die Knetmaschine steht bereits wieder im Dienst: Der Vorteig für das Dinkelbauernbrot vom nächsten Tag wird bearbeitet. Simons Wunsch ist, mit seinem Schaffen und seinem Berufsstolz etwas gegen die sinkende Wertschätzung gegenüber dem Backhandwerk zu tun. «Ich möchte die Menschen dazu animieren, bewusst und wieder vermehrt beim Bäcker ihres Vertrauens einzukaufen », so die abschliessenden Worte von Bäcker und Bauer Simon Peter.
Bilder: Holger Jacob