Ein Stück unserer Geschichte ist von der Bildfläche verschwunden: Das ehemalige Pistor Gebäude an der Güterstrasse 5 in Luzern wurde vor nicht allzu langer Zeit abgerissen. Wir sind der Geschichte des Hauses nachgegangen.

Über viele Stationen kam der WIR-Redaktion eine spannende Story aus Pistors Vergangenheit zu Ohren: Östlich des Luzerner Hauptbahnhofs an den Gleisen wurde 2021 ein Gebäude abgerissen, das die Pistor einst gebaut und fast 60 Jahre lang bewohnt hatte. Dank unserem Archiv, Zeitungsartikeln und Berichten von Zeitzeugen konnten wir die Geschichte dieses ehrwürdigen Hauses rekonstruieren. Sie begann im Jahr 1923, als Pistor sieben Jahre alt war.

Die alte Pistor Zentrale an der Güterstrasse 5 in Luzern
Die alte Pistor Zentrale an der Güterstrasse 5 in Luzern.

Bescheidene Anfänge

Zu Beginn operierte Pistor aus einem kleinen Büro und einem kleinen Lager in Luzern heraus. Mit der Zeit stellten sich erste Erfolge ein, und man musste in grössere Räumlichkeiten investieren. So erwarb Pistor unter anderem ein Stück Bauland im Luzerner Rösslimatt-Quartier. 1925 wurde dort das neue Gebäude an der Güterstrasse 5 eingeweiht. Im Parterre befanden sich die Lagerwaren und Laderampen. Den ersten Stock vermietete man an die Schokoladenfirma «Peter, Cailler, Kohler» – heute bekannt als Nestlé. In den zweiten Stock zog die Pistor Verwaltung ein. Ganz oben gab es Wohnungen, in denen unter anderem der Chefmagaziner lebte. 1959 zog die Hauswartfamilie Schumacher in eine dieser Wohnungen. Kurt Schumacher, Sohn des damaligen Hauswarts, erinnert sich: «Im Magazin gab es eine Dusche für die Mitarbeiter, dort habe ich auch immer geduscht. Ich sah zu, wie im Lager Haselnüsse auf dem Boden ausgeleert wurden. Dann konnte man die besseren separat abpacken.»

Die Zeit der Umbauten

1963 wurde das Gebäude für 1,5 Millionen Franken zu einem Neubau mit Flachdach umgewandelt, der das erste eigene Kühllager der Pistor beherbergte. «Unsere Familie musste damals in das Haus nebenan namens Glettiiseli umziehen», berichtet Kurt Schumacher. Und Pistor wuchs weiter: Knapp zehn Jahre später riss das benachbarte Gebäude ab, um der Zentrale einen Erweiterungsbau anzuhängen.

Eine andere Zukunft

1983 verkaufte die Pistor ihr Haus an die SBB und zog um nach Rothenburg, wo sie bis heute ihren Hauptsitz hat. Von hier aus beliefert sie Bäckereien, Gastrobetriebe und den Gesundheitsmarkt mit über 25'000 Produkten. Die SBB schmiedeten in den letzten Jahren grosse Pläne für das Rösslimatt-Areal.

Im Luzerner Rösslimatt-Quartier stand bis 2021 die ehemalige Pistor Zentrale
Hier im Luzerner Rösslimatt-Quartier stand bis 2021 die ehemalige Pistor Zentrale. Bild: Google
Visualisierung des Neubaus an der Stelle des alten Pistor Hauses
Visualisierung des Neubaus an der Stelle des alten Pistor Hauses. Bild: SBB

Nach einigem Hin und Her sind diese nun ins Rollen gekommen und das alte Pistor Haus wurde abgerissen. «Wir wohnten bis kurz davor noch daneben», erzählt Kurt Schumacher. «Mit dem Abriss hatte man schon eine Weile rechnen müssen.» In das Geschäftsgebäude, das bis 2025 am Ort der alten Pistor Zentrale für 80 Millionen Franken gebaut wird, zieht als Hauptmieterin das Pharmaunternehmen Merck Sharp & Dohme.

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Raphael Dorigo

Autor

Als Sprachgourmet kreiere ich leidenschaftlich Texte, die mehr sind als Wortsalat.

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