Alles begann vor rund 15 Jahren. Familie Kiefer hatte das industriell gefertigte Brot satt und die drei Töchter wollten unbedingt «z’Märit». Diese Tatsachen bewogen die gelernte Bäcker-Konditorin Silvia Kiefer dazu, ihren Mädchentraum vom eigenen Holzofenbrot zu leben.

Nicht irgendein Brot, sondern Brot aus dem Holzbackofen. Notabene gebacken in einem von ihrem Mann gefertigten Ofenmodell. Michael Kiefer ist passionierter Ofenhafner und dafür bekannt, mit seinen geübten Händen manchem Ofen wieder zu seinem alten Glanz und moderner Funktion zu verhelfen.

«Äs wott äs Froueli z’Märit go»

Zusammen mit ihren drei Töchtern Wendy, Ilona und Fabienne ist Silvia Kiefer alsbald am Langenthaler Wochenmarkt anzutreffen. Treue wie neue Kunden schätzen die traditionelle Backkunst sehr. Mit diesen wertvollen Erfahrungen sowie Michael Kiefers Ofenbaufirma als Rückgrat bauten Kiefers mutig an ihrem neuen Standbein, der Holzofenbäckerei. Bald folgte ein Laden mit Bistro und Gelateria in Lotzwil. Kiefers fahrbarer Holzbackofen ist seither immer dienstags, während der Sommermonate auch samstags am Markt anzutreffen.

Mit dem «Märitofen» unterwegs

So auch an diesem Dienstagvormittag. Das nostalgische Feuerwehrauto mit dem Ofen auf dem Anhänger ist in der Langenthaler Marktgasse schon von Weitem sichtbar. Michael Kiefer wird heute von den beiden jüngsten Töchtern, Lina und Vera, begleitet. Die Gipfel, Süssteigbrötchen, Mutschli, noch warmen Holzofenbrote, Konfitüren, Sirupe, Süssgebäcke etc. der Holzofenbäckerei Kiefer sind sehr begehrt: Senioren, Geschäftsleute, junge Erwachsene und Mütter mit ihren Kindern kommen vorbei und lassen sich das «gluschtige» Sortiment schmecken. «Ich backe jeweils den ganzen Morgen. Je nach Temperatur kann ich den Ofen gleich ein zweites Mal füllen, ohne erneut zu heizen. So wie jetzt – die Resthitze im Innenraum reicht aus», freut sich Ofenmeister Michael. Blickt man ins Ofenloch, ist die rotglühende Glut ganz hinten im Ofen ersichtlich. Er beschickt die Backfläche von Neuem mit Teiglingen.

Marke Eigenbau

Nach rund drei viertel Stunden sind auch diese «Pfünder» rösch gebacken. Ganz traditionell zieht Kiefer ein Brot nach dem anderen mit einem Holzschüssel aus dem fahrbaren Holzofen. Ofenfrisch werden auch diese Brote am Marktstand feilgeboten. «Am Markt brauche ich schnell viel Hitze. Deswegen benütze ich Tannenholz zum Feuern und beheize die Backfläche direkt. Es braucht jeweils sehr wenig und dauert etwa zehn Minuten, bis die Backtemperatur erreicht ist – rund 240 Grad», sagt Michael, sichtlich zufrieden mit seinem mobilen «Märitofen». Dieses Spezialmodell ist sein ganzer Stolz, hat er doch viele Jahre getüftelt, investiert und den Ofen immer weiterentwickelt. Nach dem Marktbesuch geht es weiter nach Lotzwil.

Im «Ofenguck»

Direkt an der Hauptstrasse, die nach Langenthal führt, gelegen, befindet sich Kiefers Laden mit Bistro und Gelateria namens «Ofenguck». Ein wahres Bijou erwartet die Gäste. Die Ladentheke sieht einem Kachelofen ähnlich. Darin eingebettet die Kühlvitrine und schräg dahinter an der Wand das hölzerne Brotgestell. Rechts davon die Käsetheke und noch weiter rechts die Gelateria-Ecke mit der Glacetheke. Überall Hausgemachtes, mit viel Liebe angerichtet und präsentiert. Silvia Kiefer steht strahlend im Türbogen, der zum Bistro führt. Gerne zeigt sie Kiefers Reich und verdeutlicht schon bald: «Es war klar, wenn wir nebst dem Marktstand einen Laden zum Verkauf des Brotes eröffnen, dann zwingend mit Käseangebot. Brot und Käse gehören einfach zusammen!»

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«Chäs»-Geschichten

Der Blick schweift über das prall gefüllte Käsebuffet. Darin lassen sich erlesene Sorten aus dem ganzen Land entdecken: Morbier, Mühlistei-Käse aus Jerseymilch, Bio-Berghofkäse mit Aroniabeeren, Holzfasskäse, Hornbacher, diverse Ziegen- und Schafkäse sowie viele mehr. «Beides, das Käsehandwerk wie das Brot aus dem Holzbackofen, haben eine lange Tradition», schildert Silvia. «Jeder Käse hat seine eigene Geschichte und seinen eigenen Charakter. Am besten geniesst man Käse mit einem ‹einfachen› Holzofenbrot. Damit sind die Aromen am authentischsten und nicht wie vermeintlich mit Nuss- oder Kernenbrot», weiss die Fachfrau. «Wir führen Spezialitäten aus kleinen Käsereien, oftmals Familienbetrieben, und ermöglichen ihnen damit, ihre Gaumenfreuden mit Käseliebhabern in der Region Oberaargau/Emmental zu teilen», erklärt Silvia die dahintersteckende Idee. «Damit unterstützen wir Randregionen in der Wissensüberlieferung und im Erhalt von Arbeitsplätzen», freut sie sich.

Mit Herz und Hand

Kiefers Philosophie ist grundsätzlich sehr einfach und doch findet sie sich heute leider zu selten. «Wir haben kein fixes Sortiment. Ich backe nach Lust und Laune, aber konsequent saisonal», erklärt Silvia. Die Freude an der Arbeit im neunköpfigen Team – jeder macht alles – ist Kiefers ein grosses Anliegen. «Produkte schmecken viel besser, wenn man’s bei der Herstellung gut miteinander hat», ist sie überzeugt.

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Regionalität hat Saison

Kiefers bieten eine Art Mittagstisch: «Es gibt täglich ein Menü mit Suppe, Salat und Dessert für 15 Franken, das wir jeweils auf der grossen Tafel vor dem Laden anpreisen», informiert Silvia und ergänzt: «Das Essen soll nicht nur gut, sondern für alle erschwinglich sein. Ich koche wie daheim – traditionell zubereitet, kommt alles frisch auf den Tisch.» Die Gäste wissen das heimelige Bistro und die Menüs zu schätzen. «Nicht nur die Saison, auch die Regionalität liegt uns am Herzen», zeigt Silvia auf: «Gemüse und Kräuter stammen wenn immer möglich aus dem eigenen Garten, das Pouletfleisch von den eigenen Hühnern und sonst beziehen wir die Lebensmittel wenigstens von regionalen Bauernhöfen und Betrieben.» Inzwischen sind Michael und die Mädchen vom Markt zurück. Sobald die Mittagsgäste verpflegt sind, setzt sich das ganze Team an den grossen Holztisch in der einen Ecke des Bistros und isst gemeinsam. Eben wie früher … Nach dem Kaffee folgt die Fortsetzung des Gesprächs mit Silvia und Michael.

Eine hohe Kunst

Die Backstube am Wohnort in Obersteckholz ist grundsätzlich das Reich von Silvia. Doch ist es Michael, der um zwei Uhr in der Früh den Holzbackofen einheizt, um anschliessend wieder unter die warme Bettdecke zu schlüpfen. Silvia beginnt jeweils um vier Uhr mit Backen respektive arbeitet die Brote mit dem am Vortag hergestellten langgeführten Teig auf und beschickt den ersten Ofen. «Für die Teige verwende ich nur Schweizer Getreide», erklärt sie. Das Vollkornmehl mahlt sie sogar selbst. «Die Inhaltsstoffe werden von Stunde zu Stunde weniger, deswegen mahle ich jeweils nur, was ich wirklich brauche», begründet sie. «Backen im Holzbackofen ist anspruchsvoll», betont Silvia. «Nebst einer konstanten Holzqualität sind vor allem ein gutes Gespür für den Ofen wie auch für die Temperatur nötig», beschreibt sie die Holzofen-Backkunst.

Der Mond redet mit

«Der Backstubenofen hat zwei Etagen und wird direkt beheizt. Zum Heizen verwende ich Buchenholz, weil dieses länger herhält und die Wärme besser speichert», erklärt Michael. «Der Holzmengenverbrauch beläuft sich auf eineinhalb bis zwei Stere pro Woche», tut er kund. Weiter weiss er, dass der Mond ebenfalls seinen Teil beiträgt. «Ich passe die Holzmengen der aktuellen Mondphase an. Nach Vollmond braucht es für die gleiche Hitze weniger Holz zum Feuern.» Dies hat er lange Zeit beobachtet und in einer Tabelle festgehalten.

Ich passe die Holzmengen der aktuellen Mondphase an.

Michael Kiefer

Nicht vor dem ersten Advent

Bald steht Weihnachten vor der Tür. Wer begeistert diesen Artikel liest und denkt, dass er sich jetzt schon mit Weihnachtsstollen und «Chrömli» aus dem Holzofen eindecken kann, liegt falsch. «Weihnachtsgebäck gibt es bei uns frühestens ab dem ersten Advent und ‹Grittibänze› einen Tag vor dem Klausentag», hält Silvia lachend fest. Die Saisonalität steht über allem, aber genau deshalb lohnt sich ein Besuch bei Kiefers Holzofenbäckerei in Lotzwil so sehr.

Fotos: Hans Schürmann

Autorin Franziska Dubach WF19441

Franziska Dubach

Autorin

Als gelernte Bäcker-Konditorin ist für mich Backen bis heute eine grosse Leidenschaft.

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