Seit mehr als zehn Jahren ist das «Sauberhalten der Strassen» Hobby der dreiundsiebzigjährigen Ruth Gschwind aus Wyssachen. Unermüdlich sammelt sie «Ghüder» anderer Leute und trägt massgeblich dazu bei, dass die Strassenränder in der Region Huttwil-Wyssachen-Eriswil/Wasen-Gondiswil sauber und von jeglichem Abfall befreit sind.

Ruth Gschwind ist bei schönem Wetter bis zu sechs Nachmittage in der Woche unterwegs, um stundenlang ihre Sammelsäcke zu füllen. Zu Hause sortiert sie das Gesammelte feinsäuberlich und entsorgt alles fachgerecht. Viele Jahre hat die freiwillige Kehrichtsammlerin allen Müll auf ihre eigenen Kosten entsorgt. Seit rund sechs Jahren stellt die Gemeinde ihr die Abfallsäcke zur Verfügung. Pistor durfte der rüstigen Rentnerin ein paar Fragen stellen.

Ein eher sonderbares Hobby, das Einsammeln von «Ghüder», wie sind Sie darauf gekommen?
Mein Mann und ich haben vorher 31 Jahre lang einen Bauernhof betrieben. Man kann doch nicht einfach nichts mehr tun und nur noch vor dem ‹Kasten› sitzen. Laufen tut mir gut und mich stört die Sauerei. Seit dem Jahr 2008 hat der Abfall extrem zugenommen. Ich bringe alle 14 Tage zwischen drei und sieben Abfallsäcke zum Sammelplatz - ‹gstungget vou›.

Was ist Ihr Ziel, warum sammeln Sie Abfall ein?
Eigentlich mache ich es für meine Gesundheit. Die Bewegung draussen in der Natur tut mir gut – das Laufen und Bücken. Seither habe ich keine Rückenschmerzen mehr. Ich bin erholt und kann gut schlafen. Aufregen tue ich mich auch nicht, vielmehr habe ich manchmal einen Lachkrampf oder staune ab der Schnitzeljagd, die wieder herumliegt. (lacht)

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Ruth Gschwind

Was für Gegenstände kommen kommen zusammen?
Zum Beispiel zerschlagene Schnapsflaschen – ich lese jede einzelne Scherbe auf – aber auch Bier- und Pizzakartons sowie Schachteln von verlorenen Ladungen. Gestern habe ich auf einem kurzen Wegstück insgesamt 15 Aludosen und sieben PET-Flaschen eingesammelt. Besonders PET-Flaschen habe ich schon Tausende aufgelesen, trotz der zahlreichen Sammelstellen. Ein weiteres Beispiel: Ölflaschen, sechs Stück – drei davon waren leer, eine halbvoll und zwei voll, noch ungebraucht. Und die vielen Kaffeebecher – das ist eine Katastrophe. Oder 10 Kleiderbügel und 10 Preisschilder von gestohlen gemeldeten Kleidungsstücken eines Modegeschäfts. Es ist unwahrscheinlich und ich könnte Ihnen noch stundenlang erzählen.

Seit sechs Jahren sammeln Sie auch Zigarettenstummel ein (pro Nachmittag sind es mehr als 1000 Stück!). Was hat Sie dazu bewogen?
Ich bin selber Raucherin, aber kann es nicht verstehen, dass man die Stummel einfach so aus dem Autofenster ins Gras wirft: Die Tiere fressen das Gras, ich trinke die Milch und esse das Fleisch. Ein Zigarettenstummel enthält mindestens zwanzig verschiedene Gifte und man sagt, es gehe vierzig Jahre bis sie sich herauslösten. Die meisten Stummel lese ich in der Nähe von Schachtdeckeln zusammen. Somit gelangen die Gifte auch ins Grundwasser. Aber ich kenne auch umweltfreundliche Raucher (schmunzelt). Diese verwenden einen Aschenbecher oder haben sonst einen Behälter im Auto, um die Stummel zu sammeln und im Kehricht zu entsorgen.

Ein Schlusswort?
Ich möchte noch sagen: Alle LenkerInnen, die nichts aus dem Wagen werfen, hupen, wenn Sie neben mir vorbeifahren. Ich habe mal einen Nachmittag gezählt – 69 Mal hat es gehupt in fünf Stunden. Vier Lastwagenchauffeure, drei Töfffahrer und Autofahrende. 65 Mal habe ich gewunken und trotzdem noch drei Sammeltaschen gefüllt. Und sagen Sie allen Leuten einen Gruss vom ‹Ghüderfroueli›.

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Franziska Dubach

Autorin

Altes Brot ist nicht hart, aber kein Brot, das ist hart. Für ein knusprig-aromatisches Brot gebe ich alles.

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