Vom Bauern über den Käser bis zum Metzger – mit allen ist Beck Böhli vernetzt. Gemeinsam stehen sie ein für ein starkes Appenzeller Gewerbe. So bieten sie Kunden und Gästen den Mehrwert, regional hergestellte Produkte vor Ort einzukaufen.
Die Appenzeller Bahn hält in Speicher, mitten im Dorf. Frau Nef steigt aus und steuert zielstrebig den Eingang des Bahnhofsgebäudes an. Darüber steht in grossen Lettern: Bäckerei, Café, Fleisch, Feinkost. Die ältere Dame kennt sich aus, das merkt man sofort. Sie packt sich rechts neben der Tür einen Einkaufskorb. Geht noch etwas weiter nach rechts und nimmt im Vorbeigehen eine hausgemachte Tomatensauce von Böhli, einen Rotweinessig und eine Tube Senf aus dem Regal. Dann geht sie weiter zum Kühler – denn ein «Mödeli» Appenzeller Butter darf nicht fehlen. Bei der Pasta angekommen, entscheidet sie sich bewusst für die Nudeln aus Appenzeller Dinkel. Dann begibt sich Frau Nef zur Fleischtheke und bedient sich mit einem Paar St. Galler Bratwürste und einem Stück Fleisch von der Appenzeller Fleisch und Feinkost AG. Beim Wein angekommen, greift sie überlegt zum «Landsgmendwy ». Auch etwas Süsses findet den Weg in ihren Einkaufskorb: Sie wählt aus dem Spezialitätenangebot von Beck Böhli einen Appenzeller Biber und Alpsteinzüngli aus. An der Bäckereitheke bestellt sie ein Appenzeller Dinkelbrot sowie einen Tee Crème und einen Mandelgipfel, bevor sie mit dem vollen Korb zur Kasse geht. Die Bäckereiverkäuferin packt das Dinkelbrot in einen Beutel und bringt es Frau Nef direkt an die zentrale Kasse, wo sie alle Lebensmittel eintippt. Nach getanem Einkauf setzt sich Frau Nef mit Tee und Mandelgipfel für einen Schwatz zu ihren Kolleginnen an einen Tisch im Café.
Alles vor Ort
«Wir wurden vom vorhergehenden Betreiber des Restaurants angefragt, hier im Dorfzentrum von Speicher eine Böhli-Filiale zu eröffnen. Nicht nur, um das Dorf zu beleben, sondern auch, um ein Einkaufserlebnis in nächster Nähe zu schaffen», erklärt Markus Sutter, einer der beiden geschäftsführenden Brüder der Böhli AG, Bäckerei-Confiserie aus Appenzell. Auch der regionale Metzger war interessiert und es kam zur Kooperation. «Gemeinsam wollen wir den Einwohnern ermöglichen, regionale Spezialitäten und Produkte des täglichen Bedarfs im Fachgeschäft vor Ort einzukaufen, anstatt dafür nach St. Gallen zu fahren», sagt Markus Sutter. «Dieser Kundenmehrwert, alles vor Ort vorzufinden, passt zudem zur Böhli-Philosophie von möglichst natürlich hergestellten Produkten aus regionalen Rohstoffen», erklärt er.
Gemeinsam wollen wir den Einwohnern ermöglichen, im Fachgeschäft vor Ort einzukaufen.
Markus Sutter, Geschäftsführer
Mit regionalen Rohstoffen
«Wir haben uns bewusst für eine Metzgerei und Bäckerei in einem Geschäft mit zentraler Kasse entschieden», informiert Markus Sutter. «Ansonsten ist der Laden in zwei autonome Bereiche mit eigener Identität und eigenen Mitarbeitenden aufgeteilt », erklärt er weiter. Der Standort beim Bahnhof sei ideal, da die Appenzeller Bahn rege genutzt werde und die Kundenfrequenz steigere. Beide Fachgeschäfte würden eigens in ihren Kommunikationskanälen sowie gemeinsam für den Standort werben. Zum Beispiel mit dem heutigen Znüni-Hit: heisser Fleischkäse von der Metzg im Bürli vom Beck. Die Appenzeller Fleisch und Feinkost AG habe eine hundertprozentige Wertschöpfung aus dem Kanton – schlachte und verarbeite die Tiere aus der Region selbst, weiss Markus Sutter. Selbiges kann er stolz von der Böhli AG berichten: «Unsere Rohstoffe wie Butter, Eier sowie der Dinkel für unser Appenzeller Dinkelbrot stammen allesamt aus Appenzell. Das ‹Eier-Netzwerk› beispielsweise bewerkstelligen zwei Appenzeller Bauern auf Initiative von uns. Wir haben ihnen aufgezeigt, welchen Vorteil eine gemeinsame Aufschlagmaschine zur Verarbeitung der Eier ihrer Legehennen bringt. Damit konnten sie sich einen erfolgreichen Erwerbszweig aufbauen. Sie beliefern nicht nur uns, sondern inzwischen auch weitere Betriebe in Appenzell. »
Znüni-Hit
Sehen Sie im Video, wie sich Fleisch und Brot «vernetzen» oder wie der heisse Fleischkäse in das Bürli kommt.
Wo sich das Gewerbe trifft
Kurz vor neun beginnt die «Znüni-Zeit». Auffällig viele Handwerker, aber auch andere Berufstätige kommen vorbei und holen sich eine Zwischenverpflegung im alten Bahnhofsgebäude von Speicher respektive gönnen sich eine verdiente Pause in dessen Café. Alt und Jung rückt zusammen, damit alle einen Sitzplatz finden. Sandwiches, Kaffee und Mineral sind nebst dem gemeinsamen Hit von Bäcker und Metzger, dem heissen Fleischkäse im Bürli, Trumpf. Dabei wird eifrig die Zeitung gelesen oder mit den Sitznachbarn diskutiert. Man kennt sich und schätzt einander. So beteiligt sich auch Markus Sutter zeitweilig am einen oder anderen Gespräch. Zum Beispiel mit dem Bauleiter, der letztes Jahr für den Bau dieser Filiale zuständig war. «In Appenzell hält das Gewerbe zusammen, es ist ein Geben und Nehmen. Gemeinsam können wir die Wertschöpfung im Kanton halten. Diese Vernetzung nützt nicht nur unseren Betrieben, sondern generiert auch Mehrwert für unsere Bevölkerung», hält Sutter fest. Ein Nicken geht durch die Runde.
In Appenzell hält das Gewerbe zusammen. Gemeinsam können wir die Wertschöpfung im Kanton halten.
Markus Sutter, Geschäftsführer
Appenzeller Dinkel
Nach dem Znüni fahren wir mit dem Auto nach Appenzell. Markus Sutter sitzt am Steuer und erzählt während der Fahrt, wie sein Bruder Alfred und er ihre Vision vom eigenen Dinkel aus dem Appenzellerland realisiert haben: «Bauer Köbi Signer aus Haslen hat für uns im Jahr 2015 den ersten Appenzeller Dinkel gesät.» Es sei ein Pionierprojekt auf der ganzen Linie gewesen, weil in Appenzell seit den Kriegsjahren kein Ackerbau mehr betrieben worden sei, so Sutter. Dinkel sei sehr robust und wachse in Appenzell auf 700 bis 1100 Meter über Meer. «Der Clou für ein gutes Dinkelbrot ist zum einen ein Hebel (Vorteig), der über Nacht ruht und so viel Geschmack und Aroma entwickelt. Andererseits benötigten wir für ein luftiges Brot einen weichen Teig. Erst nach mehreren Anläufen brachten wir ein aromatisches Brot mit einer knusprigen Kruste aus dem Ofen», gibt er grinsend zu. «Es gelang uns, ein Brot zu kreieren, das den Geschmack vieler Menschen trifft und bei dem man genau weiss, woher das Mehl stammt. Nämlich von hier, aus dem Appenzellerland », sagt er zufrieden, während wir durch die hügelige, von Weideland und Weilern geprägte Landschaft fahren. Nach dieser Kurve weitet sich der Blick durchs Tal. «Da unten war unser erstes Dinkelfeld », sagt er und zeigt mit dem Finger in Richtung Talboden. «Und da ist ebenfalls Appenzeller Dinkel am Wachsen», zeigt er auf ein anderes Feld etwas weiter rechts.
100 Prozent Appenzell
Im Jahr 2016 waren fünf Bauern von der Idee, Appenzeller Dinkel anzubauen, begeistert, im Herbst 2018 bereits dreizehn. Zehn Hektaren wachsen für die diesjährige Ernte, was Beck Böhli ermögliche, seine Dinkel-Produktpalette zu erweitern – unter anderem mit Teigwaren und Süssgebäcken. Sutters wären nicht Sutters, wenn sie nicht auch in diesem Fall ein umsichtiges Netzwerk hätten: «Wir sind am Aufbau einer neuen Interessengemeinschaft. In ‹Appenzeller Ackerbau› sind alle Vertreter unserer Dinkel-Wertschöpfungskette dabei: vom Bäcker über die Landwirte und das Landwirtschaftsamt bis hin zu weiteren interessierten Abnehmern, darunter eine bekannte Brauerei», verrät Markus Sutter. Die beteiligten Landwirte wurden zudem während der ersten zwei Jahre mit einer Starthilfe aus dem Fonds der Neuen Regionalpolitik (NRP) unterstützt.
Wenn wir dahin gehen, wo unsere Kunden sind, bringen wir ihnen entscheidenden Mehrwert.
Alfred Sutter, Geschäftsführer
Da, wo die Kunden sind
Wir treffen in Appenzell ein. Markus Sutter parkiert in der Tiefgarage im neuen Coop-Center von Appenzell und bestätigt: «Hier befindet sich unsere neuste Filiale.» Markus' Bruder Alfred erwartet uns bereits. «Der Detailhändler hat uns angefragt, ob wir Teil des modernisierten Einkaufszentrums werden möchten. Wir haben unter der Bedingung, dass auch hier wieder ein lokaler Metzger mitzieht, zugesagt », erzählt er. «Die Kunden schätzen es, alles für den täglichen Bedarf im Spezialitätengeschäft und im Supermarkt am selben Ort einkaufen zu können», bringt es Markus Sutter auf den Punkt. «Wenn wir dahin gehen, wo unsere Kunden sind, bieten wir ihnen entscheidenden Mehrwert: Sie haben die Möglichkeit, beim Einkauf gleichzeitig regionale Fachgeschäfte zu berücksichtigen», erklärt Alfred Sutter. «Zudem bieten wir mit dem Café auch eine direkte Verpflegungsmöglichkeit vor Ort an: zum Beispiel Eintopf-Menüs wie Gemüsecurry mit Kalbfleisch und Salate zum Dageniessen oder Mitnehmen.» Böhlis überraschen die Gäste auch mit einer kleinen Schaubäckerei. Diese ist, direkt neben dem Eingang zur Tiefgarage, ideal platziert und sorgt immer wieder für neugierige Blicke, die oft in Spontankäufen enden. Kein Wunder, die Auslage mit feinen Böhli- Köstlichkeiten befindet sich unmittelbar daneben.
Von Bibern und Touristen
Auch Touristen kommen gerne im Einkaufszentrum von Appenzell vorbei und lassen sich mitunter mit den herzhaften Spezialitäten verwöhnen. Eine davon ist der Appenzeller Biber. «Wir stellen unsere Biber nach überliefertem Familienrezept von Hand her. Der Honigteig erhält seine einzigartige Würze durch eine raffinierte, geheime Gewürzmischung, wodurch sich unser Biber von anderen unterscheidet», verrät Alfred Sutter. Auch eine touristische Vernetzung gebe es in Appenzell: Die Appenzeller Bärli-Biber geniessen weltweite Bekanntheit. Davon profitieren letztlich alle Appenzeller Biber- Bäcker. Bei Böhlis Biber-Führungen, die von nationalen und internationalen Gruppen besucht werden, sehen die Leute, wie die Biber von Hand produziert werden, und stellen ihren eigenen Appenzeller Biber her. «Die Biber sind unsere Botschafter für das Appenzellerland, wovon alle Biberbäcker profitieren», sind die beiden Brüder überzeugt.
Bilder: Hans Schürmann
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BÖHLI AG Bäckerei-Confiserie
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