Kompromisslos setzt Christoph Jenzer auf Natura-Qualität und Klimaschutz. Dies bedeutet für ihn, heimische Erzeugnisse wie Schweineschmalz einem ökologisch bedenklichen Palmfett vorzuziehen. Tierisches Fett ist für Jenzer kein Abfall – er verarbeitet es gezielt.
Die Luft ist mit feinsten Raucharomen geschwängert. In jedem Teil der Wursterei wird emsig gearbeitet. Die Produktion der Metzgerei in Arlesheim läuft auf Hochtouren. In schnellem Tempo presst die Wurstfüllmaschine das Brät in die Därme. Geschickt klemmt der Wurstfachmann die einzelnen Portionen ab. «Klack, klack», in rhythmischem Takt erhält die Jenzer «Goldwurst» den goldenen Clip – das Wahrzeichen für echte «Goldwurst Power ». Auf der linken Seite brutzeln im Bräter «Greuben» (auch Grieben genannt). Beim Anbraten der «Greuben» (Fettschicht der Speckhaut) wird das darin enthaltene Schweineschmalz ausgeschmelzt.
«Tierisches Fett ist ein wertvoller Rohstoff. Früher wurde es sogar mehr geschätzt als fettarme Edelstücke», erzählt Christoph Jenzer. «Diese Zeiten sind vorbei; wir benötigen heute weniger Energie für unseren Körper als vor der Industrialisierung. Leider hat Fett einen schlechten Ruf; es ist aber weder minderwertig noch Schlachtabfall. Das Wort ‹Abfall› dürfen Sie ruhig schreiben», meint er. «Es macht doch klimaschutztechnisch wenig Sinn, Nahrungsmittel mit Palmfett anstelle von hochwertigen tierischen Fetten zu produzieren. Bedenklich, dass wir in der Schweiz Tonnen von heimischen Fetten nutzlos der Verbrennung zuführen und auf der anderen Seite Tonnen von Palmfett über zigtausend Kilometer herankarren.» Fette sollen aber, gemäss seiner Überzeugung, wie Frischfleisch behandelt werden: Frisch verarbeitet und nicht langen Hitzeprozessen unterworfen.
Tierisches Fett ist ein wertvoller Rohstoff.
Christoph Jenzer
Pastete «Coq au vin»
Die gewonnenen Fette verarbeitet die Metzgerei zu zahlreichen Spezialitäten. Ein Beispiel ist die Pastete «Coq au Vin», entstanden aus der Maturaarbeit von Raffael, Sohn der Jenzers. «Der Teig der Pastete wird in Zusammenarbeit mit der Liestaler Bäckerei Ziegler aus dem eben gesehenen Fett hergestellt», erzählt Christoph Jenzer weiter. Laut ihm macht der Einsatz des Schweinefettes den Teig besonders knusprig und schmackhaft. Bei der Pastete komme ein weiterer Aspekt seiner nachhaltigen Philosophie zum Tragen: «In der Pastete verarbeiten wir weniger nachgefragte Fleischstücke zu einer delikaten Spezialität. Anstatt die Legehennen nach 14 Monaten in einer Biogasanlage zu entsorgen, benutzen wir deren Leber und Fleisch. Dieses Fleisch ist keineswegs alt und zäh, sondern aromatisch und zart.»
Jenzer Natura-Qualität
Sämtliche Tiere, die die Metzgerei Jenzer verarbeitet, stammen aus artgerechter, regionaler Tierhaltung. Bei den Schweinen sind 90 Prozent Freilandschweine, die antibiotikafrei vom Bauerbetrieb der Anstalten Witzwil aufgezogen wurden, oder die Kälber sind ausgewählte Tiere aus der Nordschweiz, die tausend Liter Vollmilch trinken dürfen. «Ich will nicht, dass die Tiere unnötig lange und weite Transportwege auf sich nehmen müssen. Dies ist ein Teil des Qualitätsversprechens. Für sämtliche Aspekte unserer Natura- Qualität hafte ich persönlich mit meinem Namen», legt er nach. Der Mehrpreis sei zugunsten der natürlichen Tierhaltung und werde von seinen Kunden goutiert.
Süsse «Wurst-Idee»
Als Querdenker ist Christoph Jenzer in der Branche bestens bekannt. Die aussergewöhnlichen Produkte tragen seine klare Handschrift. Was ich am Schluss der Reportage live erlebe, habe ich nicht erwartet: Da cuttern im grossen Fleischkutter frische Milch, Eier, Zucker und ausgestrichene frische Vanilleschoten um die Wette, als seien sie Wurstbrät. «In der ersten Augustwoche produzieren wir unsere ‹Caramelköpfli vom Grill›. Wir füllen feinen, frisch zubereiteten Vanillepudding in gesüsste Wurstdärme und garen Sie anschliessend», klärt Jenzer auf. Als einmalige Idee sei dieses Dessert in Wurstform für einen Metzgerkongress von ihm entwickelt worden. Er erntete von seinen Kollegen damals Lob wie auch Kritik. Dies zeigt es deutlich: Jenzer ist ein Macher, Graustufen sind nicht sein Ding. Entweder macht er etwas mit hundertprozentiger Überzeugung oder lässt es sein.
Fotos: Claudia Link
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