Wenn er in seinem Element ist, hat er nur Augen für seine Schokoladenpreziosen. Vergessen ist der phänomenale Ausblick auf See und Berge, der sich ihm aus dem Fenster des Ateliers bietet. Zu Besuch bei einem, der Pralinés vergoldet und nicht nur dem Handwerk seinen Stempel aufsetzt.

Mit zwei trapezförmigen Hörnern schiebt David Kohler die braune Masse wellenförmig auf dem Tisch hin und her. Der Chocolatier steht konzentriert am Marmortisch und tabliert Couverture. Durch die Bearbeitung weist sie rasch die gewünschte pomadenartige Struktur auf. Er gibt die Schokoladenmasse zurück in einen Chromstahlbehälter, um sie erneut zu erwärmen. Wir befinden uns im Atelier von Max Chocolatier, im ersten Stock des Gebäudes am Schweizerhofquai, an Luzerns bester Lage. Im Atelier ist es eng, der Platz beschränkt. «Lager haben wir keins», sagt er, lässt seinen Blick kurz durchs Atelier schweifen, zuckt mit den Schultern, meint grinsend: «Wo auch?», und ergänzt sogleich: «Brauchen wir auch nicht; Max Chocolatier steht für frische, handgemachte Schokoladenprodukte. » David Kohler erklärt: «Frisch heisst, dass wir unsere Schokoladenkreationen während vier aufeinanderfolgender Tage herstellen. In liebevoller Handarbeit und ohne Zusatz- sowie Konservierungsstoffe. Spätestens in der Folgewoche bieten wir sie in unseren Boutiquen – entweder hier gleich unterhalb des Ateliers, oder in Zürich - zum Verkauf an.»

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Was ist Tablieren?

Tablieren ist eine Temperiermethode für Couverturen. Damit wird ein idealer Glanz und Bruch der Schokolade erreicht. Sehen Sie im Video, wie dies vor sich geht.

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Die Kreativität ist das wirklich Schöne an unserem Beruf.

David Kohler, Chef-Chocolatier

Stempel der Leidenschaft

In der Zwischenzeit hat die bearbeitete Couverture die gewünschte Temperatur von rund dreissig Grad Celsius erreicht. Der Chef-Chocolatier rührt die Masse kurz und giesst einen Teil in einen Dressierbeutel. Mit geübten Handgriffen dressiert er ein Mini-Pünktchen Couverture immer oben rechts in die Ecke eines jeden Hagebutten- und Hibiskustee-Pralinés. Dann holt er den Stempel mit dem Max-Logo aus dem Tiefkühler und setzt den edlen Stücken wahrhaftig den Stempel auf: exakt rechtwinklig zum Praliné auf den soeben gesetzten Couverture-Tupf. David Kohler arbeitet speditiv, weil wenig Zeit bleibt, bis die Couverture anzieht, also fest wird. «Der Stempel muss gefroren sein und die Couverture temperiert, sonst wird das Logo nicht schön glänzend», weiss er. Während die Max-Logos auf den Pralinés trocknen (anziehen), erklärt der Chocolatier: «Um die Frische zu gewährleisten, variieren wir die Chargengrössen anhand der Verkaufszahlen. Wir produzieren rund 30 Kilogramm Pralinés in der Woche. In M der Weihnachtszeit ist es gar die doppelte bis dreifache Menge.»

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Aufwändiges Handwerk

«Jeweils montags setzen wir Pralinés ein. Da wir sie meist zweilagig füllen, ist die Fabrikation aufwändiger», erzählt David Kohler. «Zuerst stellen wir für jede Sorte einen Fruchtgelee her und dann die Ganache, die obendrauf kommt. Teilweise sind es gewagte Kreationen, zum Beispiel Chili, kombiniert mit Litschi, oder der Gurken Basilikum-Gelee mit Tonic oder Balsamico, kombiniert mit Caramel», schwärmt der Chocolatier vom spannenden Spiel mit den Aromen. Weiter würden die Pralinés in mundgerechte Stücke geschnitten, mit Couverture ummantelt und anschliessend dekoriert, erklärt er die einzelnen Herstellungsschritte, die sich über drei weitere Arbeitstage hinziehen. «Die durchschnittliche Produktionszeit beträgt sechs bis acht Stunden. Aber zwischen den einzelnen Schritten brauchen die Preziosen immer genügend Ruhezeit, damit die Schokolade anziehen kann und nicht reisst», fügt Fachmann Kohler an. «Freitags werden die Pralinés, ebenfalls von Hand, exklusiv verpackt, oder unser Verkauf präsentiert sie den Schokoladenliebhabern direkt in der Offenauslage unserer Boutique.»

Zur Person

David Kohler, Chef-Chocolatier

Nach Lehr- und Wanderjahren als Konditor- Confiseur – unter anderem arbeitete er in Kanada und als Patissier in einem Fünf-Sterne-Hotel – kehrte er in seinen Lehrbetrieb zurück und schloss die Berufsprüfung im Jahr 2015 erfolgreich ab. Bei seinem Abstecher in die Patisserie-Welt bemerkte er rasch, dass ihm etwas fehlte: Die Schokoladen und Pralinés-Kreation sei es, die ihn glücklich mache. Und dies sei er bei Max Chocolatier.

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Schokoladengeschmack erleben

Da taucht Pascale Stettler vom Marketingund Sales-Team mit einer Platte handgemachter schokoladiger Köstlichkeiten auf. Es sei Zeit, um zu degustieren, dies gehöre zum «daily business» bei Max Chocolatier, sagt sie. «Schokoladenliebhaber können in unseren Boutiquen eine exklusive Degustation geniessen. Währenddessen nehmen wir sie mit auf eine Reise in die Welt des Kakaos, in die Familiengeschichte rund um Max und vermitteln ihnen Wissen über Qualität und Zutaten unserer Spezialitäten», erzählt sie und streckt uns die Platte entgegen. «Das geht so: Praliné auswählen, die spezielle Form betrachten, kurz daran riechen, Augen schliessen und genüsslich hineinbeissen. Bei uns haben die Pralinés vier Jahreszeiten – unsere Chocolatiers kreieren für jede Saison neue Geschmäcker. Wir geniessen ein Litschi-Chili-Praliné. Pascale Stettler erklärt: «Dunkle Grand-Cru-Schokolade umhüllt Litschi-Chili-Gelee und eine dunkle Ganache. Beim Reinbeissen macht sich die Süsse der Litschi bemerkbar und im Abgang begleitet die Schärfe des Chilis. » Weiter kommen wir in Genuss eines Haselnuss-Dragees aus dem Piemont. «Haselnüsse aus dem Piemont, geröstet, karamellisiert und umhüllt von zwei Schichten dunkler Schokolade, sind einmalig in ihrem Geschmack», weiss sie.

Das Max-Logo

Indessen haben die Hagebutten- und Hibiskustee- Pralinés genügend angezogen. Dies sei ganz wichtig, betont David Kohler, damit der Goldpuder hafte. Er nimmt einen grossen, buschigen Pinsel und tunkt ihn in die flache Dose mit Goldstaub. Nun hält er diesen über die Pralinés, tippt mit dem Zeigefinger fein auf den Pinselstil und zerstäubt den goldigen Staub kontrolliert. Anschliessend wischt er gekonnt mit dem Pinsel über die Pralinés, bis sie alle gleichmässig goldig schimmern. Besonders auffällig ist das Logo: «Es zeigt das Max-X, unser Qualitätssymbol, das unsere Produkte kennzeichnet», erklärt Pascale Stettler. Der Sohn des Inhabers, Patrik König, heisst Max. Das X steht für das Extra- Chromosom, das Max aufgrund seiner Krankheit in sich trägt. «Beim genaueren Hinsehen erkennt man, dass das X Kakaofrüchte trägt, weil Max liebt Schokolade über alles», erzählt Stettler. «Obwohl er viele Schwierigkeiten zu meistern hatte, ist Max ein Stehaufmännchen und die beste Inspiration für seinen Vater. Deshalb verwenden wir das Max-Logo auf unseren Produkten.»

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Max's Geschichte

Patrik König sei viel auf Reisen gewesen und habe seiner Familie immer Schokolade mitgebracht. Die Schokoladenliebhaber führten sonntags familieninterne Degustationen durch und fachsimpelten, wo die beste Schokolade herkomme. Daraus sei der Traum vom eigenen «Schoggi-Paradies », in dem das Schokoladen-Handwerk in höchster Qualität zelebriert wird, entstanden. Und zufälligerweise sei diese Boutique, vorher eine Buchhandlung, freigeworden. Gemeinsam mit seinem Vater und einem Chocolatier habe Patrik König begonnen, Produkte zu entwickeln und zu degustieren. Auf der Suche nach den besten Zutaten seien sie beim Traditionshaus Felchlin auf die gewünschten Grand- Cru-Couverturen aus nachhaltig und fair gehandeltem Single-Origin-Kakao gestossen. Dass er seine Schokoladenboutique nach seinem Sohn Max benennen werde, sei für ihn von Anfang an klar gewesen, so die Geschichte von Max Chocolatier.

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Max Chocolatier steht für frische, handgemachte Schokoladenprodukte.

David Kohler, Chef-Chocolatier

Lieblinge von Max

Wir degustieren ein Java 64er-Praliné, das sich durch seinen intensiven Geschmack auszeichnet. «Die leicht rauchige Geschmacksnote symbolisiert den Vulkan auf der Insel Java, wo die Schokolade mit 64 Prozent Kakaoanteil herkommt. Der verfeinernde Rahm aus dem Napfgebiet lässt den Gaumen Geschmacksnoten von Tabak sowie Kaffee- und Dörrpflaumen wahrnehmen», erklärt Stettler. David Kohler hat ein Blech mit kleinen Gugelhöpfen vor sich und bestäubt sie vorsichtig mit Staubzucker. «Max liebt das Gugelhöpfli mit Baumnussstücken, zarter Buttermasse und dunkler Madagascar-68 %-Couverture über alles. Deshalb führen wir dieses Produkt, das wir übrigens nach einem alten Familienrezept herstellen, ganzjährig », erzählt er. «Wenn Max in der Boutique vorbeikommt, greift er bei den Himbeerbranchli zu, sein absoluter Favorit», weiss Pascale Stettler, und David Kohler ergänzt: «Weil Max die kleinen, mundgerechten Himbeerbranchli nicht so gut in den Händen halten kann, bieten wir die ‹Stängeli› aus Haselnussgianduja und Himbeergelee, mit knusprigem Mürbeteigstück, umhüllt von Grand-Cru-Hausschokolade, auch in Gross an», sagt er und betont: «Die Kreativität, die wir hier bei Max Chocolatier leben dürfen, ist das wirklich Schöne an unserem Beruf, und dies wissen wir alle sehr zu schätzen.»

Vom Stolz der eigenen Tafel

Als Nächstes begrüsst David Kohler ein Ehepaar mittleren Alters in fliessendem Englisch und zeigt ihm das kleine, aber feine Atelier. Unter Anleitung des Chocolatiers dürfen die beiden ihre eigene Schokoladentafel giessen. Als sie die flüssige Schokolade in die Form giessen, beginnen ihre Augen zu leuchten. Mithilfe des Wackeltischs verteilen sie die Schokolade gleichmässig in der Form. Inspiriert vom herrlichen Ausblick auf den Vierwaldstättersee und die Schneeberge, dekorieren sie ihre eigenen Tafeln mit Pistazien, gefriergetrockneten Erdbeeren und verpassen ihrem Kunstwerk etwas Fleur de Sel. Während die Tafeln im Kühlschrank anziehen, erzählt der Schokoladenexperte, wie Pralinés hergestellt werden. Er zeigt die vorhandenen Geräte und erklärt, für was die Maschinen gebraucht werden. Stolz tragen die beiden am Ende ihre erste eigene Schokoladentafel hinunter in die Boutique. Hier werden die Tafeln verpackt. Sichtlich glücklich verlässt das Ehepaar das Luzerner «Schoggi- Paradies». «Das Schöne bei den ‹Makings› ist, dass die Kunden zu uns ins Atelier kommen, um zum ersten Mal eine ‹Schoggi-Tafel› selbst herzustellen. Und ich hatte noch nie einen Gast, dem es nicht gefallen hat», betont der Meister seines Fachs. «Die glücklichen Gesichter lösen in mir jeweils das Gefühl aus, dass ich hier am richtigen Ort bin. Und dies alles erst noch bei bester Aussicht auf den See», schmunzelt David Kohler, zufrieden aus dem Fenster blickend und die Aussicht einen kurzen Moment geniessend.

Bilder: Stefan Bienz (bienz-photography.ch)

Autorin Franziska Dubach WF19441

Franziska Dubach

Autorin

Als gelernte Bäcker-Konditorin ist für mich Backen bis heute eine grosse Leidenschaft.

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