Wer die richtige Verpackung für seine Lebensmittel sucht, muss einiges bedenken. Wir haben mit dem Verpackungsexperten Andreas  Zopfi darüber gesprochen, welche Kompromisse bei der schützenden Hülle eingegangen werden müssen und wie nachhaltig  Kunststoff wirklich ist.

Andreas Zopfi, Sie haben einmal gesagt, Verpackungen seien immer ein Kompromiss. Was meinen Sie damit?

Eine Verpackung hat drei Grundfunktionen:

  1. Konsument:innen schützen und die Lebensmittel haltbar machen. Das ist für mich die wichtigste Funktion.
  2. Die Marketingfunktion: Wie gestylt soll die Verpackung sein, wie soll sie sich anfühlen?
  3. Die Logistik und die Transportfähigkeit.

Je nach Branche werden diese Funktionen unterschiedlich gewichtet; es muss stets ein Kompromiss gefunden werden. Und auch die Konsumentin und der Konsument entscheiden mit.

Nachhaltige Verpackungen sind zunehmend wichtig. Sind nachhaltige Lösungen immer teurer?

Ich würde sagen: nein. Nachhaltig ist es, wenn man mit möglichst wenig Verpackungsmaterial auskommt und die richtige Verpackung für das richtige Produkt wählt. Das muss nicht immer ein neues, teures Material sein. Zurzeit verwendet ein grosser Detailhändler teilweise Graspapier und vermarktet das als enorm nachhaltig. Allerdings riecht es schlecht, hat eine geringe Festigkeit und ist nicht gut maschinengängig. Da nimmt man lieber einen Karton, den man ebenfalls zu 100 Prozent recyceln kann. Manchmal findet ein wenig Greenwashing statt, auch bei normalem Karton: Man bietet zum Beispiel Karton-Trinkbecher statt Plastik-Trinkbecher an, verschweigt aber, dass dieser Karton mit Kunststoff beschichtet wird, damit er wasserabweisend ist, und sich somit doch nicht recyceln lässt.

Plastik-Trinkhalme werden verboten, Kunststoffdeckel werden fest an Trinkgefässe angeschweisst – ist Kunststoff bei uns ein Problem?

Sofern die Konsument:innen richtig entsorgen, haben wir in der Schweiz kein Kunststoffproblem. Bei Kunststoffflaschen aus PET, die sich wiederverwerten lassen, sowieso nicht. Und der Rest wird thermisch verwertet in Kehrichtverbrennungsanlagen, die etwa Fernenergie generieren. Kunststoff wird mehrheitlich aus Erdöl gefertigt, hat also eine hohe Brennenergie. Die Verbrennungsanlagen müssten Gas oder Rohöl zukaufen, wenn der Kunststoffanteil wegfiele. In der Schweiz, in Deutschland, Österreich oder den Benelux- Staaten gibt es aufgrund solcher Abfallsysteme kein Kunststoffproblem. 

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Zur Person

Andreas Zopfi

Der gebürtige Spiezer ist Geschäftsführer des Schweizerischen Verpackungsinstituts, für das er bereits 16 Jahre gearbeitet hat. Er ist zudem Leiter der SVI Academy sowie Dozent und Keynote Speaker zu Verpackungsthemen.

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Anderswo aber schon?

In Italien oder Frankreich, wo es noch Mülldeponien gibt, und in Afrika oder Asien, wo oft ein Abfallsystem fehlt, ist Kunststoff schlimm. Dort wären biologisch abbaubare Materialien, an denen derzeit viel geforscht wird, ein Segen. In der Schweiz hingegen sind sie nicht notwendig. Hierzulande versuchen wir derzeit, ein Kreislaufsystem aufzubauen. Es sind bei uns ungefähr 220 000 Tonnen Kunststoff in Form von Verpackungen im Umlauf. Es wäre super, wenn man diese Rohstoffe wiederverwenden könnte.

Hat Kunststoff einen zu schlechten Ruf?

Kunststoff ist nicht so schlecht. Es gibt kein anderes Material, mit dem man mit so wenig Materie so optimale Schutzfunktionen erreicht. Ein Beispiel: Eine Gurke besteht aus 96 bis 98 Prozent Wasser. Schützt man die Gurke nicht, trocknet sie aus und verdirbt relativ schnell. Umwickelt man sie mit 2 Gramm Plastik, verlängert man ihr Leben um 10 bis 14 Tage. Möglichst wenig Verpackung mit möglichst grosser Wirkung – da ist Kunststoff einfach eine gute Lösung. Abgesehen davon haben Verpackungen eine solide Ökobilanz. Die Verpackung macht bei Konsumgütern generell etwa 3,5 Prozent des ökologischen Einflusses aus. Würde man 3,5 Prozent Food Waste verhindern, wäre dieser Einfluss kompensiert, das haben Studien von uns gezeigt. Kunststoffe sind auch sehr gut reglementiert; Plastikröhrli gelten als unbedenklich für den Menschen. Bei neueren Trinkhalmlösungen ist das nur bedingt der Fall.

Die Verpackung macht bei Konsumgütern etwa 3,5 % des ökologischen Einflusses aus.

Andreas Zopfi

Verpackungsexperte

Demnach halten Sie wenig davon, Plastik bei uns zu verbieten?

Mit Politiker:innen führe ich manchmal Diskussionen darüber. Aber wie soll man denn zum Beispiel ein Stück Fleisch haltbar verpacken? Mit Papier geht das nicht, wenn man es nicht mit Kunststoff beschichtet. Das Fleisch muss vor Licht, Sauerstoff und chemischen Einflüssen geschützt werden. Eine Konservendose wiederum ist ein bisschen «overpacked». Man muss die Praxis anschauen, bevor man schlecht über Verpackungsmaterialien redet. Kunststoffe komplett zu verbieten, würde uns in die Steinzeit zurückwerfen. Wir sollten uns in Zukunft darauf konzentrieren, Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen zu erzeugen.

Gibt es eine gängige Kalkulation, wie teuer eine Verpackung sein darf?

Wir reden generell davon, dass die Verpackung bei Lebensmitteln 4 Prozent der Kosten des Gesamtproduktes ausmacht. In anderen Branchen sieht das anders aus – aber letztlich darf eine Verpackung wirklich fast nichts kosten.

Wenn Papier statt Kunststoff geht – nur zu!

Andreas Zopfi

Verpackungsexperte

Welches Verpackungsmaterial ist für welche Anwendung am besten geeignet?

Nehmen wir als Beispiel das Sandwich. Es sollte nicht austrocknen, aber auch nicht von aussen Feuchtigkeit aufnehmen und matschig werden. Daher braucht es einen Kunststoff, der eine Wasserdampfbarriere bildet. Wird das Sandwich am gleichen Tag konsumiert, wie es bei Take-away der Fall ist, reicht eine Papierverpackung.

Backwaren sind oft in kleinen Förmchen oder Ähnlichem drin – das reicht. Ich kaufe ja kein Éclair in einer Bäckerei und lagere es drei Wochen lang zuhause.

Bei Waren für den Sofortgebrauch sollte man möglichst auf Verpackung verzichten. Salat wiederum ist heikel: Ich empfehle ein Monomaterial, keine Kartonschachtel mit Plastikdeckel, das überfordert beim Recycling. Lieber eine PET-Schale mit PET-Deckel. Wenig Material, möglichst Monomaterial – da macht man nichts falsch. 

Die beste Verpackung wäre die, die es nicht braucht.

Andreas Zopfi

Verpackungsexperte

Was möchten Sie Bäckereien und Gastrobetrieben beim Verpackungsthema ans Herz legen?

In einem Satz: So viel wie nötig. Die beste Verpackung wäre die, die es nicht braucht – aber das erlaubt unser Lebensstil nicht. Take-away-Produkte müssen nicht ein Jahr lang haltbar sein; man kann mit wenig Material arbeiten. Wenn Papier statt Kunststoff geht – nur zu!

Und wenn man sich für Kunststoff entscheidet, braucht man dank dem Entsorgungssystem in der Schweiz auch keine schlaflosen Nächte zu haben. 

Bild: SVI

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Raphael Dorigo

Autor

Als Sprachgourmet kreiere ich leidenschaftlich Texte, die mehr sind als Wortsalat.

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