Wenn sich jemand mit der Herkunft von Rohstoffen auskennt, dann die Fairtrade SA, eine Tochterfirma der Pistor Holding Genossenschaft. Wir haben mit dem Geschäftsführer Stephan Schad über die Herkunft eines ganz besonderen Gewürzes gesprochen.

In Kürze
  • Stephan Schad, Geschäftsleiter der Fairtrade SA, spricht über den Rohstoff Vanille.
  • Madagaskar ist eines der wichtigsten Anbaugebiete für Vanille.
  • Vanille gedeiht nicht in Plantagen, weil sie auf eine biodiverse Umgebung angewiesen ist.
  • Die Ernte verlangt sehr viel Handarbeit.

Stephan, gleich sprechen wir über Vanille, eine «Königin der Gewürze». Welches sind mengenmässig eure wichtigsten Rohstoffe, und wer sind eure Kunden? 

Haselnüsse, Mandeln, Kakaobohnen, Trockenfrüchte, Zucker und eben Vanille. Damit arbeiten wir schon sehr lange, und zwar, weil die Bäcker und Konditorinnen seit Jahren bestens über diese wichtigen Rohstoffe informiert sind und näher am Ursprung sein wollen. Genau diesen Anspruch erfüllen wir auch heute noch: Wir sind nah am Ursprung. Neben Pistor zählen wir weiterverarbeitende Grossbetriebe, die unter anderem Backprodukte oder Schokoladen herstellen, zu unseren Kunden und Kundinnen.

Du und dein Team verfügt über detaillierte Kenntnisse der Lieferketten. Auf deinen letzten Reisen hast du Anbaugebiete von Haselnüssen, Mandeln und Kakao besucht. Am Ursprungsort der Vanille warst du noch nicht. Warum? 

Bourbon Vanille ist aufgrund ihres intensiven und ausgewogenen Aromas die beliebteste Sorte in Europa. Zudem ist es eine geschützte Herkunftsbezeichnung, wie wir es vom Champagner kennen. Diese Vanille stammt aus Madagaskar. Das bedeutet, dass die Reise aufwändig und nicht ganz günstig ist. Dennoch können wir die faire und umweltfreundliche Herkunft garantieren. Unser Hamburger Lieferant ist seit mehr als 130 Jahren im Geschäft und pflegt mit den Menschen vor Ort langjährige Beziehungen.

 

Zum Betrieb

Fairtrade SA

6023 Rothenburg

Gründung: 1894 wurde die Firma Rubli SA in Neuenburg gegründet. Seit 1993 ist Fairtrade als Tochterfirma der Pistor Holding Genossenschaft am Markt tätig.

Kerngeschäft: Fairtrade fungiert als Verbindungsglied zwischen den landwirtschaftlichen Produktionsbetrieben von Rohstoffen und den industriellen Herstellern von Lebensmitteln in der Schweiz. Das Team unterstützt einerseits die Lieferant:innen im Ursprungsland und andererseits die Kundschaft und verfolgt das Ziel, dass die Rohstoffe in der richtigen Qualität, zur richtigen Zeit und zu einem wirtschaftlich für beide Seiten tragfähigen Preis am gewünschten Ort sind.

Team: Geschäftsführer Stephan Schad und sein Team (vier Mitarbeiter:innen) teilen sich 330 Stellenprozente.

fairtrade.ch

Fairtrade SA Geschäftsführer Stephan Schad
Stephan Schad, Geschäftsführer Fairtrade

Wo und wie wird die Vanille angebaut und geerntet?

Vanille wächst in tropischen Ländern. Ursprünglich stammt sie aus dem südlichen Mexiko. Unsere Vanille kommt neben Madagaskar auch aus Indonesien, Papua-Neuguinea und manchmal aus Tahiti. Was auf den ersten Blick erstaunen mag: Es gibt keine Plantagen. Die Vanille gedeiht in Plantagen nicht, weil sie auf eine biodiverse Umgebung angewiesen ist. Kleinbauern und -bäuerinnen suchen im Wald nach der Pflanze und pflücken sie.

Also ist viel Handarbeit gefragt?

Es ist praktisch alles Handarbeit. Aufgrund der schwindenden Biodiversität und fehlender Insekten müssen Blüten von Hand bestäubt werden. Die Vanille ist roh unbrauchbar. Erst die Fermentation macht aus der Pflanze das, was wir von ihr kennen, und dafür muss der Stängel von Hand massiert werden. Danach werden die Schoten getrocknet. 

Welche weiteren Faktoren zeichnen die Vanille aus?

Es handelt sich um ein äusserst wertvolles Gut, das in sehr kleinem Volumen exportiert wird. Entsprechend aufwändig ist die Logistik. Madagaskar kontrolliert den Markt streng und das Produkt ist grossen Preisschwankungen ausgesetzt. Auch aktuell zeichnet sich für die Ernte 2024/2025 eine Preiserhöhung ab. Dies ist auf eine tiefe Ernteprognose zurückzuführen. Deren Gründe liegen darin, dass teilweise Geld gefehlt hat, um die Blütenbestäuber:innen zu bezahlen. Zudem hat ein Zyklon im Frühjahr in gewissen Gebieten grössere Schäden hinterlassen. Schlussendlich erfolgt auch die Auslieferung in Kleinstmengen.

Klingt aufwändig und fragil. Wie unterscheidet sich die echte Vanille vom künstlich hergestellten Vanillin? 

Natürliche Vanille hat ein sehr vielfältiges und umfangreiches Geschmacksprofil, wenn nicht das umfangreichste überhaupt. Eine synthetische Vanille kann dieses vielfältige Profil nur teilweise nachahmen. Der Geschmack von natürlicher Vanille ist schlicht nicht zu ersetzen. Vanillin kommt dort zum Einsatz, wo nur eine Geschmackskomponente von Vanille benötigt wird oder Vanille nur einen minimalen Anteil des Geschmacksprofils ausmacht. 

Natürliche Vanille ist durch nichts zu ersetzen.

Stephan Schad

Geschäftsführer Fairtrade

Vanille scheint prädestiniert dafür zu sein, fair gehandelt zu werden. Sie braucht Biodiversität und ermöglicht Kleinbauern ein Einkommen. Sorgt der Staat Madagaskar dafür, dass alles fair läuft, oder braucht es dennoch Non-­Profit-­Organisationen, die sich darum kümmern? 

Vanille ist für die Wirtschaft Madagaskars von grosser Bedeutung. Deshalb unternimmt der Staat viel, um sie zu fördern. Trotzdem helfen NGOs als unabhängige Beobachter. Dieser Einsatz schlägt sich zwar in einem höheren Preis nieder, lohnen tut er sich aber bestimmt. Übrigens: In der Masoala-Halle im Zoo Zürich gibt es nicht nur Chamäleons, sondern auch echte Vanillepflanzen zu sehen. Einfach fragen.

Bilder: Franck Metois/Getty Images; Pistor AG

sara portrait duden

Sara Hübscher

Autorin

Ob Rezept oder Rechtschreibung – nachschlagen verfeinert.

Bäcker zeigt in zwei Hälften geschnittenes Brot

Branche

Bäckerei und Confiserie

Wir kennen die Bedürfnisse der Bäckerei-, Konditorei-, und Confiseriebranche und unterstützen Sie umfassend.

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