Ein Wildbuffet, kombiniert mit einer Schifffahrt – das ist ein besonderes Erlebnis. Im letzten Herbst waren wir bei der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrt an Bord und durften am Buffet Wild schlemmen.
Die MS St. Gallen steht bereit: Das Motorschiff ist 51 Meter lang und 10,5 Meter breit und ist damit das grösste Schiff der SBS AG. Die Kapazität liegt bei 650 Passagieren. 182 Innensitzplätze stehen zu Verfügung. Für die heutige Wildschiff-Rundfahrt haben sich 64 Personen angemeldet. Ich gehe durch die Gänge und staune: Selten habe ich ein Schiff mit einer so schönen Innenarchitektur gesehen. Es wurde 1967 gebaut und im Winter 2019/2020 komplett renoviert und neu motorisiert.
- Die Schweizerische Bodensee-Schifffahrt führt jeden Herbst drei Wildbuffet-Schifffahrten durch.
- Die Crew besteht aus drei Dreier-Teams: Drei in der Küche, drei im Service, drei für den Schiffsbetrieb
- Die Speisen für die drei Gänge werden an Land vorbereitet. Den letzten Schliff erhalten sie in der kleinen Schiffsküche.
- Die wichtigsten Faktoren für die Zubereitung der Speisen: das Timing allgemein sowie das Marinieren und Garen.
Dreimal drei
Ich lerne Anja Jung und zwei weitere Servicekräfte kennen. Anja ist die Gastgeberin und leitet den Service. Ihre Schicht hat um 8.30 Uhr angefangen. Bis zum Eintreffen der Gäste um 11.15 Uhr sind die Tische zu decken und das Buffet muss angerichtet sein. Die Crew setzt sich aus drei Dreierteams zusammen. Neben dem Serviceteam geben Shannon Tschopp, Angela Crisan und Ski Rezeki in der kleinen Küche im Unterdeck den vorbereiteten Speisen den letzten Schliff. Auf dem Oberdeck steht Kapitän Pascal Müller am Steuer. Er wird unterstützt von Christian Meier und Alessandro Bachmann. Die drei nutzen die Zeit, alles vorzubereiten, damit auch sie um 11.15 Uhr die Gäste empfangen können. Pünktlich um 11.45 Uhr soll das Schiff ablegen.
Schweizerische Bodensee Schifffahrt AG
Gründung: 1854 (Gründung NOB-Schifffahrt). Die Schweizerische Bodensee-Schifffahrt AG entstand 1996 durch die Privatisierung des SBB-Schiffbetriebes
Flotte: 7 Schiffe und 2 Fähren (Friedrichshafen–Romanshorn). Mit einer Kapazität von 650 Passagieren (182 Innensitzplätze) ist die MS St. Gallen das grösste Motorschiff. Das kleinste ist die MS Alte Rhy mit einer Kapazität für 60 Personen.
Lokale an Land: Restaurant Hafen (internationale sowie Schweizer Spezialitäten), Ristorante Porto (italienische Küche), Kornsaal (Eventlokal mit 340 m2 und einer Kapazität von 120 Gästen).
Mitarbeitende: Von den rund 80 Festangestellten arbeiten rund ein Dutzend im Büro, 25 in der Nautik und 35 in der Gastronomie. Weitere 55 Saisonmitarbeitende unterstützen die Festangestellten in den drei Bereichen.
Gut geplant ist fein gekocht
Die Küche ist nichts für Menschen mit Platzangst. «Es ist die grösste Küche von all unseren Schiffen», erklärt Küchenmitarbeiterin Angela. Sie ist seit über zehn Jahren an Bord der SBS AG: «Mir gefällt die Abwechslung. Im Sommer sind wir mehrheitlich auf dem Schiff. Im Hafen bereiten wir in der Küche die Speisen vor. Gestern habe ich mitgekocht, anschliessend die Speisen geladen und heute ‹begleite› ich das Menü auf dem Schiff. Auf jeder Sonderfahrt ist ein Koch oder eine Köchin dabei, der oder die am Vortag mitgekocht hat.»
Marinieren und garen
Nicht an Bord ist der für das Menü verantwortliche Küchenchef Simone Panini. Bei ihm hakte ich später per E-Mail nach und erkundigte mich, wie er ein solches Buffetmenü plant: «Wichtig ist das Timing: Zum Beispiel, dass wir einen Kabis-Trauben- oder Fenchel-Orangen-Salat lange genug in der Marinade ziehen lassen. Auch die Mostbröckli-Käseschnitte, eine Art Millefeuille, bereiten wir am Vortag zu, damit die Komponenten gut aneinander-haften und später nicht alles zerbröselt. Sogar mehrere Tage im Voraus bereiten wir den Rehpfeffer vor. Am Tag selbst gilt es, die Vorspeisen wie das Pilz-Frischkäse-Trifle und das Rehfilet im Kräutermantel herzustellen und sämtliche Desserts fertig zu dekorieren.» Grundsätzlich seien bei den Vorbereitungen fürs Wildschiff zwei Faktoren wichtig: Marinieren und Garen. «Die mit Rotwein, einem Bouquet Gemüse und frischen Kräutern hergestellte Marinade muss mindestens 48 Stunden haltbar sein. Sie sorgt für den ausgewogenen Geschmack des Wildfleisches. Und weil Wildfleisch über einen geringen Fettanteil verfügt, darf es nicht zu lange gegart werden.»
Die Marinade sorgt für den ausgewogenen Geschmack des Wildfleisches.
Simone Panini
Küchenchef
Es ist das erste Wildschiff der Saison. Da müssen wir noch ein bisschen pröbeln
Anja Jung
Gastgeberin
Das Buffet ist eröffnet
Im Einstiegsbereich ist Anja mit der Präsentation des Buffets beschäftigt. Es sieht fantastisch aus: vom niedergegarten Rehfilet im Kräutermantel über Wildschinken, geräucherte Entenbrust und Mostbröckli-Käseschnitte bis hin zu Pilz-Frischkäsetrifles. Und schon treffen die ersten Passagiere ein. Eine halbe Stunde später sticht die MS St. Gallen in See. Der Übergang zu den warmen Speisen, sprich zum Hauptgang, gestaltet sich fliessend; niedergegartes Hirsch-Entrecôte, hausgemachter Rehpfeffer, Marronispätzli, Kartoffelgratin, Rotkraut garniert mit Apfelschnitzen und Rosenkohl mit Speck.
Chillig unterwegs
Einen Besuch bei Kapitän Pascal lasse ich mir nicht nehmen. Er steht am Steuer, sein Blick ist konzentriert. Eine Sonderfahrt sei meist etwas chilliger, als wenn er den Kursfahrplan einhalten müsse: «Heute bin ich an eine Route gebunden, möchte aber die Fahrt für die Passagiere interessant gestalten. Darum mache ich von Zeit zu Zeit eine Durchsage mit zwei, drei interessanten Fakten zu den Orten, die wir passieren.»
Süsser Abschluss
Zurück im Einstiegsbereich beeindrucken mich die filigranen Dekorationen der Desserts. Schliesslich musste das alles von der hauseigenen Küche an Land aufs Schiff getragen und sorgfältig verstaut werden. Dass da nichts in die Brüche geht, ist wohl keine Selbstverständlichkeit. Und es versteht sich von selbst – auch die süsse Auswahl ist saisongerecht: eine Caramel-Rosmarincrème auf Kartoffelbiskuit, ein Zwetschgenmousse, ein Birnen-Haselnuss-Schokoladen- und ein Johannisbeer-Streuselkuchen, ein herbstlicher Fruchtsalat sowie ein Traubensorbet und eine Joghurtglace. Bereits ist die Zeit um, das Schiff legt wieder an und ich verabschiede mich von der Crew. Was war das für ein gemütlicher und leckerer Sonntagsausflug!
Bilder: Jonas Weibel
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