David Neier und Lisa Haas sind gerade mal 26 beziehungsweise 25 Jahre alt. Beide haben ihre Tiroler Heimat verlassen, um in Schaffhausen ihren Traum zu verwirklichen. Die Weichen dafür sind gestellt und zeigen in Richtung Erfolg.

In Kürze
  • Der Tiroler Bäcker David Neier übernahm im März 2024 die Merishauser Bäckerei Hoyer.
  • Kurz darauf bekommt er die Chance das alte Café Rohr in der Schaffhauser Altstadt zu übernehmen.
  • Dieses eröffnet er Anfang September 2024 zusammen mit der Konditorin Lisa Haas, die er aus der Berufschulzeit kennt.
  • Nach und nach erneuern sie Backstube und Café und überzeugen mit ihrem hochwertigen Sortiment. 

Es ist Anfang Oktober. Die Tage des Cafés an der Vordergasse 57 in Schaffhausen sind gezählt, zumindest was seinen Namen anbelangt. Auf der Kreidetafel steht bereits «Café Neier» und damit der Name des neuen, jungen Geschäftsleiters. David Neier hat das Café am 6. September 2024 eröffnet, die Phase der maximalen Herausforderung ist also noch nicht vorbei. Unterstützt wird er von Lisa Haas, der Chefkonditorin.

Alt, aber substanziell kostbar

Zuerst führen die beiden durch das alte Gebäude, und sofort ist klar: Hier muss noch viel passieren, bis alles wieder so hergerichtet ist, dass in gut strukturierten Abläufen produziert werden kann. Im ersten Stock befindet sich das Café mit knapp 40 Sitzplätzen. «Hier haben wir das Wichtigste renoviert und teilweise das Mobiliar ersetzt», so der junge Geschäftsleiter. Diese Arbeiten erledigte er selbst, und zwar neben der Arbeit in der Backstube, denn die Produktion musste weiterlaufen. «Das waren zwei Wochen mit 20­-Stunden-­Tagen. Unglaublich hart, aber wir sind auf gutem Weg.» Das Haus wurde im Jahr 1705 gebaut, und David äussert sich begeistert: «Damals wurde richtig nachhaltig gebaut. So, dass die Substanz über Jahrhunderte intakt bleibt. Nicht wie heute, wo alles nach wenigen Jahren erneuert werden muss.»

cafe neier, im Laden mit der Auslage
Zum Betrieb

Café Neier

8200 Schaffhausen

Gegründet: Das Café Rohr wird im Jahr 1805 erstmals erwähnt. David hat es im September 2024 übernommen, nachdem er im März 2024 bereits die Bäckerei Hoyer übernommen hatte. 

Mitarbeitende: David hat mit vier Mitarbeitenden gestartet. Anfang Oktober 2024 waren es 25, dabei ganz viel Frauenpower: Neben David arbeiten nur zwei weitere Männer im Betrieb. David betont, wie wenig Probleme er bei der Suche nach Fachkräften hatte und dass er bis zu drei Bewerbungsgespräche pro Tag führte. 

Spezialitäten: Butterzopf und der Merishauser Bienenstich. 

Rohstoffe: Das Lokale ist David und Lisa wichtig. Alles stammt möglichst aus der Region. Oft wird auch noch getauscht, zum Beispiel Brot gegen Fleisch. Die gegenseitige Unterstützung unter den Betrieben der Region hat einen hohen Stellenwert.

Instagram

Ein gewaltiges Team

David erzählt von seinem Werdegang: «Ich wusste schon lang, dass ich eines Tages weggehen will. In Österreich zu arbeiten, macht keinen Spass, weil einem am Ende des Monats nichts bleibt. Die Steuern sind immens, da reicht ein Job kaum zum Leben.» Lisa, die in der alten Heimat zusammen mit ihrer Mutter ein Café führte, ergänzt: «Seit der Pandemie ist die Stimmung schlecht. Die Leute geben kein Geld mehr aus für Qualität. Darum entschlossen wir, das Café aufzugeben.»

David hakt ein: «Was für mich ein Glücksfall war. Ich hätte das Café hier wohl nicht übernommen, wenn Lisa nicht hergekommen wäre. Ich bin ein gewaltiger Bäcker, aber ein miserabler Konditor!» Worauf Lisa entgegnet: «Und ich bin eine gewaltige Konditorin, aber eine schlechte Bäckerin.» Die beiden lachen. Ein gewaltiges Team, das steht schon einmal fest. Die beiden kennen sich seit der Berufsschule. Lisas Mutter Barbara kam gleich mit in die Schweiz und unterstützt nun ihre Tochter und David in der Konditorei. 

cafe neier, Inhaber Lisa Haas und David Neier
Kennen sich aus der Berufsschule und arbeiten heute Hand in Hand: Lisa Haas und David Neier

Vererbtes Herzblut, entfaltet am richtigen Ort

Bereits Davids Vater und Grossvater waren Bäcker. Er liebt das Handwerk. Sein Herz blutete, als er für kurze Zeit in einem Industriebetrieb arbeitete. «Zeit und Handwerk – das sind die Zutaten für richtig gutes, gesundes Brot. Ist das Wetter mal schlecht, kann man die Zöpfe ‹zammenschmeissen› – aber so ist das nun mal, wenn man ohne Zusätze bäckt. Darum arbeitete ich so gern bei Ruth Hoyer in Merishausen.» Sie führte die Bäckerei Hoyer, bei der David seine erste Anstellung in der Schweiz fand. Das war im November 2023. Er habe gezielt nach einem Bäckerjob mit möglicher Betriebsübernahme Ausschau gehalten. Im März 2024 übernahm er die Bäckerei. Nur drei Monate später eröffnete er den Pop­up­Store an der Vordergasse 61, also direkt neben dem Café Rohr. 

Zeit und Handwerk – das sind die Zutaten für richtig gutes Brot.

David Neier

Geschäftsleiter und Bäcker

Mit Vollgas in den Neustart

Mit dem Pop­up entstand auch der Kontakt zum Besitzer des Nachbarhauses mit dem Café Rohr. Man habe sich schnell einigen und auf grossartige Unterstützung zählen können. Anders wäre der Neustart nicht machbar gewesen. David und Lisa rechnen damit, dass sie im Januar 2025 so weit aufgeräumt und umgebaut haben werden, dass sie in geordneten Bahnen produzieren und verkaufen können. «Es ist ein strammer Plan, aber wir haben in den letzten fünf Wochen schon so viel hingekriegt, dass der Januar durchaus realistisch ist», so David. Schliesslich ist er nicht nur Unternehmer, sondern auch Vater von Lia und Emely. Davids Partnerin Antonia Peer unterstützt ihn im Hintergrund administrativ sowie bei anderem, was im Betrieb gerade anfällt. Ich staune ob der Energie dieses jungen Chefs.

cafe neier, cafe rohr in der Schaffhauser Altstadt
Mitten in der Schaffhauser Altstadt krempelt David Neier das ehemalige Café Rohr zum neuen Café Neier um.

«Frei nach Schnauze» und mit grossen Visionen

Zeit, einen Blick aufs Sortiment zu werfen. Welches sind Davids und Lisas Bestseller? «Butterzopf und Bienenstich», kommt es wie aus der Kanone geschossen. «Unser Zopf ist äusserst beliebt. An einem Samstag verkaufen wir schon mal 450 Stück. Und natürlich der Merishauser Bienenstich nach dem Rezept von Ruth Hoyer», verrät Lisa und stellt das Tortensortiment vor: «Die Auswahl ist stets saisonal und enthält immer auch vegane und glutenfreie Alternativen. Normalerweise haben wir sieben verschiedene Torten im Angebot, und es kommen immer wieder neue Kreationen dazu. Das ist es, was ich an meinem Beruf so liebe. Ich hänge nicht an Rezepten, sondern backe lieber ‹nach Schnauze›. Ich tüftle stets an Geschmackskombinationen, bei denen die Früchte im Zentrum stehen, denn ich möchte mit dem Fruchtzucker süssen und möglichst wenig Zucker hinzufügen müssen. Zudem lege ich grossen Wert auf eine attraktive Anschnittfläche, damit die Torte einen richtig anlacht.» 

Zum Schluss stellt sich die Frage, wo die Reise dieser Handwerkshochburg hingehen soll. «Wir machen auf jeden Fall unser eigenes Ding», so David und das sieht erfolgversprechend aus. 

Bilder: Jonas Weibel

Ich backe lieber ‹nach Schnauze›.

Lisa Haas

Chefkonditorin

Bäcker zeigt in zwei Hälften geschnittenes Brot

Branche

Bäckerei und Confiserie

Wir kennen die Bedürfnisse der Bäckerei-, Konditorei-, und Confiseriebranche und unterstützen Sie umfassend.

sara portrait duden

Sara Hübscher

Autorin

Ob Rezept oder Rechtschreibung – nachschlagen verfeinert.

Teilen Sie diesen Beitrag

Weitere ähnliche Beiträge