Die Chocolate Academy™ in Zürich ist ein internationaler Treffpunkt für Berufsfachleute, die ihre Schokolade-Skills erweitern oder verfeinern wollen. Hier fühlen wir dem Kakao den Puls – im Gespräch mit der Leiterin Naomi Wahl und im Kurs bei Star-Chocolatière Melissa Coppel.

Es ist ein kühler Augustmorgen, als ich an der Hardturmstrasse aus dem Tram steige und schräg gegenüber die Hausnummer 181 erblicke. Hier befindet sich der Hauptsitz von Barry Callebaut, einem der grössten Schokoladenproduzenten der Welt.

In seinen Wänden befindet sich auch die Chocolate Academy – das Kompetenzzentrum für Bäcker, Konditorinnen und Chocolatiers. Mir wird warm ums Herz, als ich im vierten Stock durch die Glastüre trete. Der Duft von Kakao liegt in der Luft. Rechts die Rezeption, links ein gemütlicher Sitzbereich und direkt vor mir die grosse Schulungsküche. Dort schart sich ein Dutzend Männer und Frauen in weissen Bäckerjacken um eine in Schwarz gekleidete, junge Frau. Das muss Melissa Coppel sein, der Star aus Las Vegas. Die Koryphäe im Bereich der Pralinengestaltung doziert zwei Tage an der Academy in Zürich. Ich freue mich, dass ich mich später unter die Teilnehmenden mischen darf.

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Rechts die Rezeption, links der Sitzbereich, und im Herzen der Chocolate Academy befindet sich die grosse Schulungsküche.

Mitten im Geschehen

Aber zuerst heisst mich Naomi Wahl willkommen. Als Head of Chocolate Academy leitet sie das ganze Geschehen hier. Als Erstes führt sie mich durch die Räumlichkeiten. Es gibt zwei voll ausgestattete Küchen. Die eine habe ich bereits entdeckt, die zweite ist etwas versteckt. «In der Küche vorn sieht jeder rein, hier in der zweiten Küche geniesst man mehr Privatsphäre. Gerade wenn wir für oder mit Kunden an einem Projekt arbeiten, ist es hier angenehmer. Für die öffentlichen Kurse wie den heutigen mit Melissa ist es natürlich attraktiv, wenn alle zuschauen können.» Wir steigen die Treppe hoch, wo mir Naomi das Bijou auf der Dachterrasse zeigt: den kleinen Kräutergarten.  

chocolate academy schulungskueche
In der offenen Schulungsküche erhaschen auch Zuschauer spannende Einblicke.

Warum Schokolade?

Wir setzen uns und ich möchte von Naomi wissen, wie es dazu kam, dass sie ihr Herz an den Kakao verlor. «Ich bin in einer Grossfamilie aufgewachsen. Wir zelebrierten das gemeinsame Essen und probierten stets Neues aus. Es gab immer frischen Kuchen. Mich faszinierte, wie unterschiedlich unsere Geschmäcker waren. Mein Bruder mochte zum Beispiel nur den Streusel, nicht aber den Kuchen dazu.» So kam Naomi zur Patisserie. Mit 15 zog sie von Nürnberg in die Schweiz. Ihre berufliche Karriere begann 2009 in Paris an der École Lenôtre. Nach verschiedenen internationalen Stationen startete sie 2015 bei Barry Callebaut, wo sie nach vier Jahren im Export zur Chocolate Academy wechselte und bei der Planung der neuen Academy mitwirkte. Im September 2021 zog das Team an die neue Adresse. 

chocolate academy naomi wahl gruen
Die Vielseitigkeit von Schokolade fasziniert Naomi Wahl, Head of Chocolate Academy, immer wieder aufs Neue.

Mit Gewürzen experimentieren

Die Chocolate Academy Zürich ist eine von weltweit 26 Chocolate Academys, von denen jede individuell unterwegs ist. Naomi erklärt: «Ich spüre hier einen grossen Stolz fürs Handwerk. In Thailand mögen es die Menschen zum Beispiel sehr süss, während es in Japan weniger süss sein darf. In der Schweiz ist die Milchschokolade die Nummer eins, die Franzosen mögen eher die dunkle Variante.» Was sind weitere Eigenheiten des Schweizer Markts? «Wir sind eher konservativ unterwegs und weniger experimentierfreudig. Spezielle Aromen oder Farben haben bei uns einen schweren Stand. Gleichzeitig spüre ich hier einen grossen Stolz fürs Handwerk. Aber ich finde, man sollte trotz traditionellen Rezepten offen sein für Neues und sich hin und wieder an eine andersartige Kombination wagen, wie zum Beispiel Curry und Caramel. Das klingt vielleicht komisch – es lohnt sich aber, genau solche Pairings auszuprobieren.» 

Ich spüre hier einen grossen Stolz fürs Handwerk.

Naomi Wahl

Head of Chocolate Academy

Möchte sich eine Confiserie an etwas Neues herantasten, stehen Naomi und vier weitere Experten mit Rat und Tat zur Seite, sei es bei Fragen zu Produktionsschritten, für Rezeptentwicklungen, Inspiration oder ein ganzes Konzept, wie ein bestehendes Sortiment überarbeitet werden könnte. Auch der Zucker beziehungsweise dessen Reduktion ist ein Trend, der die Branche beschäftigt: «Weniger Zucker kann durchaus einen gesundheitlichen Aspekt haben. Zentral ist jedoch, dass die Kakaoqualität vermehrt an erster Stelle steht.» 

chocolate academy logo an der wand
Zum Betrieb

Chocolate Academy™ Schweiz

8005 Zürich

chocolate-academy.com
Instagram

Angebot: Inspiration, Ausbildung und Beratung für die Patisserie- und Konditoreibranche 
Toptrends und Rezepte
Technische Unterstützung in Echtzeit
Professionelle Schulungen

Team: 
Naomi Wahl,Head of Chocolate Academy
Leon Krohn, Chef
Joёl Perriard, Chef
Corinna Hesser, Chocolate Academy Coordinator,
zahlreiche Gastchefs wie Rolf Mürner oder Vanessa Schnyder

 

Wow-Effekt und gebrochene Regeln

Ich könnte noch stundenlang mit Naomi über Kakao und die Welt diskutieren. Aber in Melissas Kurs werden an der Temperiermaschine gerade die gestern gefertigten Pralinen verschlossen. Während der Pause unterhalte ich mich mit den Teilnehmenden und spüre pure Begeisterung. Zum Beispiel bei Kathrin Wagenblast und Caroline Pereira, die sich sofort anmeldeten, kaum hatten sie via Newsletter von dieser Gelegenheit erfahren. Die beiden arbeiten im Bürgenstock Resort und gehören selbstverständlich zu den über 162 000 Followern, die Melissa auf ihrem Instagram-Account zählt. «Sie bricht Regeln. Sie tut Dinge, von denen es immer heisst, man dürfe es auf keinen Fall tun. Das ist sehr inspirierend », schwärmt Kathrin und Caroline ergänzt: «Ihre Pralinen haben diesen Wow-Effekt und sie zeigt uns, wie wir mit einfachen Tricks effizienter arbeiten können.» 

chocolate academy melissa coppel beim vorzeigen
Die Kursteilnehmenden schauen genau hin und halten fest, wie Melissa Coppel die Farben in die Form zaubert.

Der Wissensdurst ist nie gestillt

Auch Daniel Rechsteiner ist fasziniert. Nach seiner Frühpensionierung hat er an der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk Weinheim als erster Schweizer den sechsmonatigen Lehrgang zum Schokoladen-Sommelier absolviert. «Melissa kennt man auf der ganzen Welt. Schön, dass ich sie persönlich treffen und noch den einen oder anderen Trick von ihr lernen darf.» Auch Sonja Hänni, die in ihrem Chocolat-Atelier in Muntelier bereits wunderschöne Kreationen zaubert, kam nach Zürich, um den Star der Szene persönlich zu treffen: «Ich bin seit zwanzig Jahren im Schoggi-Business, aber man lernt nie aus. Ich bin gespannt, wie die Praline mit schwarzem Trüffel schmeckt.» 

chocolate academy giessplatte zeigen
Die beiden Kursteilnehmer Sonja Hänni, Inhaberin des «Chocolat-Ateliers» in Muntelier, und Daniel Rechsteiner, erster Schokoladen-Sommelier der Schweiz, besprechen den ersten Produktionsschritt.

Zurück zum Start

Nach der Pause geht’s zurück zum ersten Produktionsschritt. Melissa zeigt den Teilnehmenden, wie sie mit der Airbrush das glänzende Farbenspiel auf die Praline beziehungsweise in die Formen zaubert. Weil die besprühte Form eine Nacht trocknen muss, sind die Teilnehmenden gestern mit bereits von Melissa vorbereiteten Formen gestartet. Melissa erklärt, wie sie welche Farben anwendet: «Passt auf mit Weiss. Mit Weiss könnt ihr ein Produkt am ehesten ruinieren! Es ist eine sehr aggressive Farbe.» Der Kurs neigt sich dem Ende zu, der grosse Moment naht. Die Pralinen werden aus den Formen gelöst und entfalten sogleich ihre ganze Schönheit.

chocolate academy melissa coppel anweisungen
Melissa Coppel, die Star-Chocolatière aus Las Vegas, gibt Tipps.

Wahre Schätze

Das «Buffet» glänzt wie die Theke einer Bijouterie. Zu guter Letzt wird das Resultat natürlich gekostet. Den «Mmms» und «Ohhs» nach zu urteilen, erfährt die eine oder der andere am Gaumen gerade eine wahre Geschmacksexplosion. Alle Teilnehmenden dürfen einige der Pralinen einpacken. Zu meiner grossen Freude drückt mir Naomi zum Schluss ebenfalls eine Schachtel mit neun kleinen Kunstwerken in die Hände. Zum Glück ist es ein kühler Sommertag und ich bringe die Kostbarkeiten heil nach Hause. Dass ich sie dort lange bewundere, bezweifle ich allerdings … 

Bilder: Jonas Weibel

chocolate academy pralineauswahl in schwarzer verpackung
Glanzvolle, farbenprächtige Kunstwerke sind das Resultat.
sara portrait duden

Sara Hübscher

Autorin

Ob Rezept oder Rechtschreibung – nachschlagen verfeinert.

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