Ein Brot, das durch und durch «ein Obwaldner» ist: Im Kanton gewachsen, gemahlen und gebacken. Beck Marco Berwert aus Stalden OW hat`s erfunden. In seiner Backstube zeigt er uns, warum das «Tschifeler-Brot» seinen Namen mehr als verdient.
Bäckermeister Marco Berwert ist in seinem Reich anzutreffen. Hier in seiner Schwander Backstube entsteht das «Tschifeler- Brot», das er aus Rohmaterialien herstellt, die zu hundert Prozent aus dem Kanton Obwalden stammen.
Marco Berwert, Bäckermeister, holt die «Tschifeler-Brote» aus dem Ofen.
Mit Mehl aus dem eigenen Kanton
«Vergangenen Sommer hat mich Landwirt Simon Odermatt aus Alpnachstad angerufen und gefragt, ob ich an Weizenmehl aus Obwalden interessiert sei. Da wir aufgrund der klimatischen Bedingungen und der nur begrenzt verfügbaren Flächen grundsätzlich keinen Getreideanbau haben, war für mich die Zusage klar», hält der Obwaldner Beck fest.
«Bei Beck Berwert arbeiten wir mit einheimischen Rohstoffen aus naturnahem Anbau und traditioneller Herstellung mit ursprünglicher Reifezeit ohne Zusatzstoffe. Dank dem kantonseigenen Mehl können wir zudem so regional wie nur möglich produzieren», freut sich Marco Berwert.
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4, 5 Tonnen Obwaldner Weizen
«Mit der ‹Pfisternmühle› in Alpnach verfügen wir ausserdem über einen kantonseigenen Mahlbetrieb. Odermatts Getreideernte brachte viereinhalb Tonnen Weizen ein, woraus rund dreieinhalb Tonnen Mehl resultierten. Dank der Nutzung von Mühlennachprodukten wie Kleie konnten wir die Ausbeute noch etwas steigern», erzählt Berwert, während er die Zutaten für das «Tschifeler-Brot» vorbereitet.
«Bäcker-Promis» als Degustierende
Viele Testteige hat er verbacken, bis die Rezeptur zufriedenstellend war. Mitarbeitende, Kunden und Familienmitglieder degustierten immer wieder und lieferten konstruktiv-kritische Rückmeldungen.
Unter den Degustierenden fanden sich nebst Urs Röthlin, Leiter Bäckerei an der Richemont Fachschule, auch Bäcker-Weltmeisterin Sonja Durrer. «Sie nahm die Rezeptur kritisch unter die Lupe und half, die Prozesse zu optimieren, um mehr Teigruhe zu integrieren. Sonja, selbst eine Obwaldnerin, ist mitverantwortlich, dass das rein regionale Lebensmittel seinen Namen voll und ganz verdient», wertschätzt Berwert seine ehemalige Lehrtochter.
So entsteht das «Tschifeler-Brot»
Marco Berwert hat uns die einzelnen Produktionsschritte für das Spezialitäten-Brot verraten:
Naturel
Beck Berwert arbeitet nach der Naturel-Philosophie. Ein Qualitätslabel von IP-SUISSE, das für Schweizer Mehl und traditionelles Bäckerhandwerk (lange Triebführung, Sauerteig) ohne künstliche Zusatzstoffe steht.
Quellstück und Sauerteig
Marco Berwert macht sich an die Teigherstellung: Er mischt Wasser mit Obwaldner Weizenschrot und lässt das Ganze zwei bis drei Stunden bei Raumtemperatur quellen. Das sogenannte Quellstück sorge für mehr Biss des «Tschifeler-Brots». Ein weiterer Bestandteil ist Sauerteig. Er verwende Urdinkel-Sauerteig. Seine hauseigenen Sauerteige – alle über 20 Jahre alt – werden jeden Tag aufgefrischt und erreichen somit 24 Stunden Teigruhe.
Brühstück
Das Brühstück hat Marco Berwert bereits gestern vorbereitet. Dafür nahm er wiederum Obwaldner Vollkorn- und Weissmehl und übergoss dieses mit kochendem Wasser. Durch das heisse Wasser wird die Stärke vorverkleistert und der enzymatische Abbau setzt ein. Dies wirkt sich zum einen positiv auf die menschliche Verdauung aus, und zum anderen verhindert er damit, dass der Wassergehalt durch eine Nachquellung sinkt und der Teig zu fest und trocken wird.
«Poolish»
Zwölf Stunden vor dem Hauptteig für das «Tschifeler-Brot» hat Marco Berwert einen «Poolish » hergestellt und diesen im Kühlraum gelagert: Er mischte wiederum Obwaldner Weiss- und Vollkornmehl mit Wasser sowie mit wenig Frischbackhefe. Der äusserst weiche Vorteig trägt zu einer besseren Dehnbarkeit des Teigs bei. Zudem fühle sich die Kruste dank dem ‹Poolish›-Einsatz weniger hart und dick an. In den Knetkessel hat er bereits die Zutaten wie Mehl, Frischbackhefe, Kristall-Natursalz (Steinsalz ohne Antiklumpmittel) und Wasser abgewogen. Nun holt er den «Poolish» aus der Kühle und schüttet den flüssigen Vorteig zu den anderen Zutaten.
Kneten und gären
Berwert startet die Knetmaschine – mischt zuerst alle Zutaten, schaltet dann einen Gang höher, um den Teig minutenlang zu kneten. Für die Stockgare stellt er den gesamten Teig in den Kühlraum. Seine Teige durchlaufen alle Reifezeiten von 5 bis 30,5 Stunden. Dies wirke sich positiv auf die Bekömmlichkeit, den Geschmack und die Haltbarkeit der Gebäcke aus – die Produkte blieben so ganz natürlich länger frisch. Nach anderthalb Stunden holt er den Teig heraus – presst sowie schneidet ihn in Stücke, die er nach kurzem Rundwirken nochmals solange im Kühlraum ruhen lässt.
Wie die «Tschifere» aufs Brot kommt
Nach weiterer Teigruhe wirkt Marco Berwert die Teigstücke lang. Dann stäubt er Mehl über das Bodengitter einer Bäckerharasse, legt die Brote kurz mit der Oberfläche auf das Gitter und setzt sie auf dem Einschiessapparat ab. «Mit diesem Rautenmuster erinnere ich an die ‹Tschifere› – an die Tragkörbe, die die Obwaldner oder eben ‹Tschifeler› früher am Rücken trugen, um Brot und andere Waren zu transportieren. Heute verwenden wir dafür Bäckerharassen», erklärt er den Hintergrund seiner Idee.
Ab in den Ofen
Nach rund 45 Minuten Gärung bei Raumtemperatur setzt Beck Berwert den länglichen Broten einen gezielten Schnitt. Mittels Einschiessapparat schiebt er die «Tschifeler-Brote» in den Backofen. Im Ofeninnern legen sie an Volumen zu und reissen dem Schnitt entlang auf. Dieser Riss in der Mitte verleiht dem ‹Tschifeler-Brot› zusammen mit dem Rautenmuster seinen Charakter. Nach Ablauf der Backzeit ertönt der Ofenalarm. Marco Berwert schaltet ihn aus und holt ein Brot nach dem andern mit dem Backschüssel aus dem Ofen.
Ein Obwaldner Original
Stolz nimmt Marco Berwert eins seiner Brote in die Hände und präsentiert «den original Obwaldner». «Dank der Bewerbung in unseren Schaufenstern, auf der Website sowie in den sozialen Medien haben die Kunden unser neues Brot, das wir seit Mitte Oktober 2020 anbieten, schnell entdeckt. Und es gab bereits viel Lob», freut sich Marco Berwert.
Mit dem Obwaldner Weizenmehl aus erster Ernte habe er knapp 7000 Kilo Brot gebacken, rechnet Berwert vor. «Die Nachfrage war grösser als das Angebot – somit produzierten wir Mitte Februar die letzten ‹Tschifeler-Brote› und müssen nun auf die neue Ernte warten.»
Marco Berwert
Nach der Lehre als Bäcker-Konditor zog Marco Berwert die Auswanderung nach Alaska ebenso in Betracht wie den Spitzensport. Mit der Skiakrobatik – heute Ski-Freestyle – schlug er vorerst den sportlichen Weg ein. Nach einem Kreuzbandriss an seinem ersten Weltcup-Einsatz liess er sich als Teamleiter und Koordinator der Nationalmannschaft Ski-Freestyle anstellen. Weiter war er Ski- und Langlauflehrer in Engelberg, und aussersaisonal arbeitete er in der elterlichen Bäckerei. Diese übernahm er im Alter von 33 Jahren.
Marco Berwert ist verheiratet und Vater dreier Teenager. Der eidg. dipl. Bäckermeister und eidg. dipl. Betriebswirtschafter HF war Mitglied der Geschäftsleitung der Schweizer Bäcker-Confiseure, wirkte als Präsident der PANVICA Ausgleichs- und Pensionskasse und ist seit 2019 Mitglied des Verwaltungsrats der Pistor Holding Genossenschaft.
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Beck Berwert
Schwanderstrasse 22
6063 Stalden OW
- Gegründet: 1890 durch den Urgrossvater von Marco Berwert. Er führt den Betrieb heute in 4. Generation.
- Mitarbeitende: 35
- Inhaber: Marco Berwert
- Beliebt: Schwander-Brot – der absolute Renner! Die Mehlmischung für dieses Brot entwickelte Marco Berwerts Vater.
- Filialen: in Sarnen (Dorfplatz) und Wilen
Bilder: Holger Jacob