Die Einsiedler Bäckerei Schefer wächst kräftig. Trotzdem setzt sie ganz auf handwerklich hergestellte Charakterbrote mit langer Teigruhe und erreicht, dass die Einsiedler Gastronomie Brotkultur erfolgreich zelebriert.
Ein Buttergipfel hat eine Stunde nach dem Backen den besten Biss und Geschmack. Das ist der perfekte Zeitpunkt, um die Gastronomie damit zu bemustern», verrät Raffael Schefer. Wir sitzen im Café und Restaurant Bären, einer Schefer-Filiale, direkt beim Klosterplatz Einsiedeln. Von aussen ein imposantes Gebäude, das innen durch das viele Holz eine angenehme Atmosphäre ausstrahlt und zum Verweilen einlädt. «Ich arbeite gerne Hand in Hand mit Gastronomen», erzählt der Patron des Familienbetriebs in dritter Generation: «Man lernt voneinander und produziert nach Möglichkeit füreinander.» Er klopfe mit seinen Gebäckmustern nicht bei jedem an. «In der Gastronomie geht es immer ums Konzept», hält er fest, «das ist interessant, weil Brot ein wichtiger Teil davon ist. Deshalb bieten mir besonders neue Geschäftsideen gute Chancen und ich halte vorwiegend Ausschau nach neuen Partnern, die zu unserer Philosophie passen. Wenn wir Bäcker es intelligent machen, ist es für alle Seiten ein Gewinn», ist er überzeugt.
Brotkultur pflegen
«Ich will die Gastronomen unterstützen, damit sie ihren Gästen ein Broterlebnis bieten können», bringt Bäcker Schefer sein Ziel auf den Punkt. Gastronomiebetriebe wünschten die Brote gefroren, weil sie morgens nie wissen, was abends läuft, und sie müssen reagieren können: «Einsiedeln ist ein schwieriges Pflaster: Man weiss morgens nie so recht, was es tagsüber braucht», weiss Schefer aus eigener Erfahrung. Touristenströme sorgen – wetterabhängig – regelmässig dafür, dass sich die Bevölkerung von Einsiedeln verdoppelt oder gar verdreifacht. Dieser Umstand fordere hohe Flexibilität und eine moderne Technologie in der Backstube. «Das können wir bieten: Wir lassen die Teige schön lange liegen, backen die Brote zur Hälfte, frieren sie ein und packen sie ab, um sie anschliessend nach Bedarf zu liefern. Und damit das Ausbacken funktioniert, unterstütze ich die Gastronomen mit einem individuellen Backplan, abgestimmt auf ihren Ofen», erläutert Schefer. «Nur wenn die Produktqualität und die Portionengrösse stimmen» – Schefer bietet den Gastrobetrieben Brotgrössen nach Wunsch - «kann echte Brotkultur gepflegt werden. Zum Beispiel mit einem kleinen, in vier Stücke geschnittenen Brötchen, das noch leicht warm an den Tisch serviert wird», schwärmt er. «Oder mit einzigartigen Grossbroten für frühstücksstarke Restaurants.» Damit erreiche er, dass der Preis in der Gastronomie nicht mehr das Wichtigste sei. Aber trotzdem bleibe der Grat für oder gegen eine Zusammenarbeit schmal. «Die Mengen sind schwierig abzuschätzen, was durchaus ein Vorteil für uns sein kann, weil es die Mitbewerber grösstenteils davon abhält, bei uns in Einsiedeln eine Filiale zu eröffnen», schmunzelt Schefer.
Ich will die Gastronomen unterstützen, damit sie ihren Gästen ein Broterlebnis bieten können.
Raffael Schefer
Gastronomie leben
Raffael Schefer muss es wissen. Schliesslich hat er im Jahr 2015 zusammen mit seiner Frau Lucia die Leitung der Bäckerei Konditorei Schefer AG, des über 60-jährigen Familienbetriebs, von seinen Eltern übernommen. Zum Unternehmen gehörten sechs Standorte im Einzugsgebiet von Einsiedeln bis nach Trachslau und Oberiberg sowie auf der anderen Seite bis Wädenswil und Pfäffikon. Sie würden seit einigen Jahren auch in der Gastronomie wachsen, berichtet er. Vier der Filialen seien Gastrobetriebe. «Hier im ‹Bären› in Einsiedeln arbeiten allein 40 der rund 150 Mitarbeitenden von Schefer», weist er auf die Betriebsgrösse hin. Seine Eltern, Fränzi und Urs Schefer, seien die perfekten Gastgeber im Restaurant Bären, würden aber ihre freien Tage jeweils im Tessin verbringen und seien daher heute nicht anzutreffen. «Der ‹Bären› lädt zum Kaffee, Brunch, Mittagessen ebenso wie zu einem gediegenen A-la-carte-Dinner.» Dank der Aufteilung über zwei Stockwerke verfügten sie über ideale Räumlichkeiten. «Touristen geniessen am liebsten Bratwurst und Pommes oder Schnitzel-Pommes. Daneben spielen wir unter anderem mit veganen und vegetarischen Zutaten, um unseren Stammgästen abwechslungsreiche Menüs zu bieten», präzisiert Schefer.
Brotgenuss «by Schefer»
Der Blog der Bäckerei Schefer bietet Genuss rund um das Brot und erklärt zum Beispiel, was zu tun ist, wenn der Arbeitsbeginn des Bäcker-Konditors genau auf die Zeitumstellung fällt.
Unser ‹Bäckerzmorge› zelebrieren wir sonntags.
Raffael Schefer
Brot im Einsatz
Dass Brot in den eigenen Gastrobetrieben zum Einsatz kommt, ist klar: «Unser ‹Bäckerzmorge› zelebrieren wir sonntags jeweils im ersten Stock. Das ist sehr beliebt», freut er sich und fügt stolz an: «Es ist kein klassischer Brunch mit Eierspeisen. Wir bieten all unser Gebäck an einer ‹Brotwand›, analog zu jener im Laden: Brote, Brötchen, Mini-Gebäck, Mini-Patisserie – alles, was wir selbst herstellen können. Davon profitieren wir stark, weil wir uns mit diesem Angebot von anderen Restaurants abheben. Einen solchen Brunch kann nur bieten, wer eine Bäckerei im Hintergrund hat.». Weitere Speisen auf dem Menü wie der «Bäckersnack», die Tagessuppe und die Schweizer Beefburger werden mit hausgemachtem Brot beziehungsweise Hamburgerbrötchen serviert. Ebenso wichtig wie der Einsatz der eigenen Brotspezialitäten ist der Familie Schefer die Zusammenarbeit mit regionalen Partnern: «Ich bin der Meinung, dass wir nicht immer alles von Grund auf selbst und inhouse herzustellen brauchen: Pouletbrüstli beispielsweise lasse ich vom Dorfmetzger anbraten und vakuumieren, damit wir hier im ‹Bären› eine immer gleichbleibende, perfekte Qualität auf den Teller bringen», berichtet Raffael Schefer.
Handwerk zeigen
Zwei Stunden vorher sind wir mit Raffael Schefer in der Produktion gestanden und haben live miterlebt, was die Schefer-Brote so einzigartig macht: «Unser Hauptaugenmerk in der Brotproduktion liegt auf einer Langzeit-Triebführung der Teige und einer Herstellung ohne Zusatzstoffe. Rund 80 Prozent der Teige für unsere Brote liegen mehr als 24 Stunden», erklärt er. «Wir setzen auf unseren Marketing-Slogan ‹Unser Teig hat genügend Schlaf›, kombiniert mit dem Bild einer unserer Lernenden, die Teig in ein Bett mit rot-weiss karierter Bettwäsche bettet, damit er sich ausruhen kann. So entstehen das 48-Stunden-Bürli, das 48-Stunden-Urdinkel- und das 72-Stunden-Brot. Die Stundenzahl gibt an, wie lange sich der Teig vor dem Backen ausruhen durfte.» Dank dieser Geschichten sei es für die Verkäuferinnen einfacher, den Wert der Charakterbrote zu vermitteln, und sie würden diese lieber und vor allem aus Überzeugung verkaufen, was nach Raffael Schefer ein entscheidender Vorteil ist.
48-Stunden-Urdinkel
Nun erleben wir Slow-Baking hautnah: Wir sehen einen Teil der 48-Stunden-Urdinkelbrot-Produktion. Weil der Teig ins- gesamt 48 Stunden ruht und daher über zwei Tage hergestellt und am dritten Tag gebacken wird, sehen wir nur Teilschritte: «Am Tag eins, also gestern, haben wir den Vorteig erstellt», erklärt Raffael Schefer. «Dieser entspricht ungefähr der halben Teigmenge. Aufgrund der Hefetätigkeit und des Enzymabbaus können wir nicht von Anfang an die volle Menge produzieren, sonst zersetzt sich der Teig und wird dünnflüssig. Der Vorteig im Kessel hat nun 24 Stunden im Klimaraum verbracht. Also kneten wir jetzt den Hauptteig: Dieser setzt sich aus 100 Prozent Schweizer Urdinkelmehl, Wasser, Salz, Hefe und dem Vorteig zusammen. Anschliessend ruht die gesamte Teigmenge weitere 24 Stunden im Klimaraum bei fünf Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 96 Prozent», sagt Schefer. Wir haben Glück und können zuschauen, wie der gestern hergestellte Hauptteig abgewogen, aufgearbeitet und später in Formen abgesetzt, geschnitten sowie zum Backen in den Ofen geschoben wird.
Wir brauchen Ihre Zustimmung
Dieser Inhalt wird von einer dritten Partei gehostet (youtube.com). Um diesen Inhalt anzuzeigen, akzeptieren Sie bitte die Cookies und die Datenschutzerklärung.
Hamburgerbrötchen vom Beck
Das eindrückliche Backstubenerlebnis macht Hunger. Deshalb lassen wir uns die hausgemachten Schweizer Beefburger «by Schefer» im Restaurant Bären schmecken. Wir probieren den Swiss Burger, medium gebraten, mit Einsiedler Bergkäse, Zwiebeln, Tomate, Salat und hausgemachter Sauce im Sesam-Bun direkt aus der Backstube, sowie den Italian Burger, ebenfalls medium gebraten, mit Mozzarella, Rohschinken, Avocado, Rucola und Basilikum-Mayo im hausgemachten Ciabatta-Bun. Die Hamburgerbrötchen seien bei den Kunden auch tiefgekühlt sehr beliebt, um zu Hause selbst Hamburger zu braten, hatte uns Raffael Schefer vorab neugierig gemacht. Wir sind uns einig: einfach herrlich, die Schefer-Burger – und was so ein hausgemachtes Brötchen ausmachen kann!
Bevor wir uns auf den Heimweg machen, kaufen wir noch ein 48-Stunden-Urdinkelbrot – auch das muss probiert sein – und einige «Schafböcke». Das ist die Einsiedler Pilger-Spezialität: ein ungefülltes Honiggebäck, einem Lebkuchen oder ungefüllten Biber ähnlich.
Bilder: bienz-photography.ch