1726 im Stadtteil Wettstein eröffnet, startet das Unternehmen im Jahr 2016 als Bäckerei Kult in eine neue Ära. Dank der grossen Beliebtheit platzt der Betrieb bereits nach anderthalb Jahren aus allen Nähten – und wird durch das «Elsi» erweitert. Wir sind zu Besuch im Quartierladen St. Johann – mit freier Sicht auf Gipfelizimmer, Kochsalon und Café.

Vom Bahnhof Basel gelange ich – die Redaktorin – mit dem Tram Nummer 11 in die Mülhauserstrasse. Es ist frisch, doch bereits blickt die Sonne scheu durch die Wolken an diesem Donnerstagmorgen anfangs Juni. Die Bäckerei Kult befindet sich eine Strasse weiter an der Elsässerstrasse 43.

Tortenvitrine Bäckerei Kult Basel

Ein Angebot zwischen Tradition …

Es ist kurz nach 8.30 Uhr, als ich das Geschäft betrete. Rechts vom Eingang steht eine Art Podest mit Tischen zum Verweilen; ideal, um Leute zu beobachten – drinnen wie draussen. Links daran grenzt die Ladentheke mit Warteschlange – alle wollen Kaffee, Croissants, Sandwiches und Co. Ich stelle mich in die Reihe. Während des Wartens entdecke ich in einer Glasvitrine Getränke und Kuchen mit klingenden Namen wie «Don Chocolato» – ein Schokoladekuchen, «Citron Meringuée» – ein Zitronentörtchen mit Meringuehäubchen oder «Basler Gold» – ein Mandel-Financier-Cake.

… und Moderne

Ich rücke vorwärts und betrachte als Nächstes Silserbrötchen sowie «gluschtige», nicht alltäglich gefüllte Sandwiches aus typisch französischen Baguettes. Eine Fleischvariante heisst «Chicken & Spice», mit einer Füllung aus Pouletbrust, Pak-Choi und Gewürzen. Das Vegi-Sandwich mit Namen «Feta, Fenchel, Fein» beinhaltet einen Feta-Olivenaufstrich mit Fenchelbasilikum, Salat und gerösteten Mandeln.

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Viennoiserie soweit das Auge reicht

An der Wand hinter der Verkäuferin kann ich die Brote bestaunen – auch sie tragen lustige Namen wie «Mama Malz», «Rhy» und «Saures Zebra». Auch die Abtrennung zwischen wartenden und eintretenden Personen ist ein witziger Hingucker: zwischen drei Holzpfosten auf Gugelhopf-Formen hängt eine einfache Absperrkordel. Eine freundliche Frauenstimme begrüsst mich in breitem Basler Dialekt. Ich stelle mich vor und erkläre, dass ich mit Lea verabredet bin. Bevor ich der Verkäuferin folge, erhasche ich noch einen Blick auf das Angebot links vom Verkaufstresen: Hier türmen sich feinste Gebäcke wie Nuss-Schoggi-Schnäggen, Blätterteig-Früchtetaschen, Croissants aux Amandes, Pains aux Raisins, Muffins, getränkte Zitronencakes mit Mohn, Pains au Chocolat und vieles mehr.

Viennoiserie Bäckerei Kult Basel 4
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Wir fertigen fast alle unsere Produkte von Grund auf selbst und in Handarbeit.

Lea, Geschäftsleitungsmitglied Bäckerei Kult

Lea in der Produktion

Die Verkäuferin ruft nach Lea und betritt die ums Café herum angeordneten L-förmigen Produktionsräumlichkeiten. Ich beobachte sie durch die Fenster, die das Café von der Produktion trennen. Es herrscht emsiges Treiben: Nebst Lea sind noch drei Männer am Werk. Sie kommt durch die Tür und vor mir steht eine Frau Mitte dreissig, mit hellblauen Augen und einem sympathischen Lachen. Ihr blondes, kurzes Haar lugt keck unter dem lilafarbenen Glarner Kopftuch hervor. Obwohl sie Teil der vierköpfigen Geschäftsleitung ist, legt sie an diesem Morgen selbst Hand an. Gerade bereitet sie Salat zu, weil eine Mitarbeiterin krankheitshalber ausgefallen ist.

Ein Salon zum Kochen …

Lea mischt «Granny Thai», einen Nudelsalat mit verschiedenen Gemüsen und Kräutern in einer Gastronormschale, und erklärt: «Das ist unser Kochsalon. Hier stellen wir vorwiegend Quiches, Suppen und Salate her», und fährt fort: «Hinter dir belegt Rafik Apfelquiches. Wir bieten täglich mehrere Varianten an, die wir nach der saisonalen Gemüse- und Früchtelieferung richten.» Zu Leas rechter Seite steht ein junger Mann und presst Zitronensaft. «Das ist Guillaume. Er ist an der Mise-en-place für getränkte Zitronencakes», erklärt Lea. «Wir fertigen fast alle unsere Produkte von Grund auf selbst und in Handarbeit. Hinten um die Ecke gelangst du ins Gipfelizimmer. Das heisst so, weil wir dort alle Produkte aus tourierten Teigen herstellen.»

… und ein Zimmer für Gipfeli

Während Lea den Salat in Weckgläser abfüllt, besuche ich Kevin im Gipfelizimmer. «Jetzt kommen gleich die Pains au Chocolat an die Reihe», sagt der Bäcker auf Deutsch mit französischem Akzent. Flink rollt er den Teig auf der Ausrollmaschine aus und schneidet ihn mit dem «Ruck-Zuck»-Teigschneider in rechteckige Stücke. Gekonnt faltet er zwei dünne Schokoladesticks pro Croissant in den Teig ein – einmal von der einen und einmal von der anderen Seite.

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Bäcker Kevin schneidet mit dem «Ruck-Zuck»-Teigschneider Gipfelteig für Pain au Chocolat.
Kult Bäckerei Basel Hugo Gipfeli
Kevin bei der Buttergipfel-Produktion.

Hugo-Gipfel

Danach macht sich Kevin an die Gipfeliherstellung: Butter-, Laugen- und Kräuterfrischkäsegipfeli. Hinter ihm steht ein schon fast voller Blechrechen mit weiteren, habenden Viennoiserie-Produkten. Er zieht jedes Blech kurz ein Stück heraus und zählt auf: «Café-Schnecke, Nuss-Schoggi-Schnägg, Zimtschnecken, Pain au Raisin und Hugo-Gipfel. Das ist unser Nussgipfel », fügt Kevin erklärend an. «Der Bäcker in Basels ältester Bäckerei hiess Hugo. Weil wir sein Nussgipfelrezept übernehmen durften, heisst er jetzt Hugo-Gipfel.»

Im «Elsi» gibt’s Kaffee und Viennoiserie

Lea hat den Salat fertig abgefüllt. Wir setzen uns an einen Tisch im Café «Elsi». Lukas, ebenfalls Teil der Geschäftsleitung, serviert uns Kaffee und setzt sich dazu. Die Geschichte der Bäckerei Kult startete vor sieben Jahren. Lea war zu dieser Zeit in Paris – sie studierte Theater und Literatur und kochte nebenbei in einem Restaurant. Leon, ihr Kollege, schrieb ihr eine SMS und fragte sie, ob sie Interesse hätte, der ältesten Bäckerei Basels beratend zur Seite zu stehen. Sie sagte zu. Doch bevor Lea zurück in der Schweiz war, gingen dem Besitzer der Bäckerei die finanziellen Mittel aus und aus der Beratung wurde eine Übernahme.

Lukas und Lea Bäckerei Kult Basel
Lukas und Lea beim Schlemmen auf dem Podest.

Der Kult-Song

Zu Eröffnung des Komplementärstandorts «Elsi» im Jahr 2017 produzierte die Bäckerei Kult in Zusammenarbeit mit Georg Dillier – er ist unter anderem Bassist in der Band von Anna Rossinelli – den Song «Farine, mon Amour».

Zum Video

Start dank Crowdfunding

Leon und Lea bildeten zusammen mit Weiteren eine Rettungscrew. Denn ihnen war die Lust auf gute Gipfeli noch nicht vergangen. Gemeinsam lancierten sie eine Pressekonferenz sowie ein Crowdfunding-Projekt und sammelten innert kürzester Zeit das benötigte Startkapital. «Weil wir das Handwerk nicht beherrschten, suchten wir eine Fachperson. Unseren Wunschbäcker fanden wir, indem wir im Elsass Plakate aufhängten», erzählt Lea von der Startphase, während wir «Don Chocolato», «Citron Meringuée» und «Basler Gold» degustieren.

Wir planten eine Bäckerei im französischen Stil. Weil wir das Handwerk nicht beherrschten, suchten wir eine Fachperson

Lea, Geschäftsleitungsmitglied Bäckerei Kult

Raus aus dem Chaos, rein in die Struktur

«Im Zentrum standen von Anfang an qualitativ hochwertige, traditionelle und trotzdem innovative Produkte», hält Lea fest. «Ansonsten waren wir zu Beginn eher chaotisch unterwegs – beispielsweise ohne fixe Rezepte.» Lukas konkretisiert: «Wir haben in ungewohnter Manier nach Lösungen gesucht: nicht nach Lehrbuch, sondern mit Urvertrauen und kreativ aus dem Chaos heraus. Wir haben dabei vieles dazugelernt, indem wir eine Richtung anpeilten, weiterformten und erst später strukturierten. So ist auch unsere Philosophie des konstanten Wandels der ersten Jahre mitgewachsen.

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  • Baeckerei Kult Basel 2022
  • in der Backstube der Kult Bäckerei in Basel
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  • Kult Bäckerei Basel Apfelwähe
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  • Kult Bäckerei Basel Granok-Crunch
  • Kult Bäckerei Basel Verkäuferin Bäckerin

«X-Brot»

Inzwischen sind wir solide aufgestellt und verfügen sogar über ein eigenes ERP-System: Wir haben die Software, sie heisst ‹X-Brot›, selbst programmiert. Die gesamte Produktionsplanung und die Deklarationen laufen darüber, inklusive der inzwischen dokumentierten Rezepte», erklärt er stolz. Ebenso gut strukturiert ist die Kommunikation in der Bäckerei Kult: «Wir finden es wichtig, dass alle miteinander sprechen und sich gegenseitig verstehen. Denn obwohl die meisten unserer Bäcker französischer Muttersprache sind, bleibt die Unternehmenssprache Deutsch.

Eine App für die Crew

Mit unserer aktiven und transparenten Kommunikation erreichen wir, dass alle Verantwortung übernehmen», hält Lea fest. Mithilfe einer App mit integrierter Chatfunktion – so können die Mitarbeitenden auch untereinander kommunizieren – stellt die Geschäftsleitung sicher, dass die Informationen fliessen; zum Beispiel zu saisonalen Sortimentsanpassungen.

Apropos saisonal

Gemeinsam gehen wir zurück in den Kochsalon, wo Guillaume soeben die Masse für Rhabarbermuffins zubereitet: Er mischt die Rhabarberstücke (ohne Saft) mit Zucker im Anschlagkessel, gibt Öl sowie Eier bei und rührt am Schluss Rohrzucker und Sesam darunter. «Im Juni hat der Rhabarber Saison und wir setzen ihn für verschiedene Produkte ein. Zudem verwenden wir den übriggebliebenen Rhabarbersaft, um Konzentrat für Rhabarbereistee herzustellen», verrät Lea abschliessend. Eingedeckt mit Spezialitäten aus dem Hause Kult, köstlichem Eistee sowie vielen Eindrücken mache ich mich auf den Heimweg.

Bilder: Jonas Weibel

ZUM BETRIEB

Bäckerei Kult

Gegründet: im Jahr 1726 in Basel Wettstein; gilt als älteste Bäckerei Basels.

Eröffnung Bäckerei Kult: mittels Crowdfunding im Jahr 2016. Ein Projekt der Internationalen Gastronautischen Gesellschaft.

Geschäftsleitung: Lea, Leon, Lukas und Florian

Mitarbeitende: 40

Backstube und Verkaufsladen: an der Riehentorstrasse 18 in Basel Wettstein. Die Brotteige ruhen mindestens 18 Stunden, der Baguetteteig sogar 72.

Das «Elsi»: heisst so, weil sich der zweite Standort an der Elsässerstrasse 43 im Quartier St. Johann befindet; mit Café – Sicht auf Gipfelizimmer und Kochsalon inklusive – sowie lauschigen Aussensitzplätzen im Garten und unter Bäumen.

Gipfelizimmer: hier entstehen Gipfeli, Süssgebäcke und Kuchen.

Kochsalon: Sandwiches – einmal Käse, einmal Fleisch und jeden Tag anders sowie Quiches, Salate und Suppen entstehen in diesem Raum.

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Franziska Dubach

Autorin

Altes Brot ist nicht hart, aber kein Brot, das ist hart. Für ein knusprig-aromatisches Brot gebe ich alles.

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