Was ist grün, entspannt und kann sehr gut backen und kochen? Sie benötigen noch einen Tipp? Stichwort «Hygge». Genau: Dänemark. Konkret: Kopenhagen! Lesen Sie hier, warum die Stadt, die im Jahr 2025 die erste klimaneutrale Metropole der Welt sein will, alles etwas ruhiger angehen lässt und sich in der Gastronomie stetig neu erfindet.
Vierzig werden schmerzt. Ein klein wenig jedenfalls. Nicht wegen der Falten oder der grauen Haare, nur wegen der Zahl. Denn vermutlich ist nun mindestens das halbe Leben vorbei. Umso schöner, wenn man Freunde hat, die die Demut mit einem grandiosen Geburtstagsgeschenk vertreiben: einmal Kopenhagen und zurück – mit allem Drum und Dran. Und wie Sie ja bereits wissen, Drum und Dran heisst bei mir zwingend: Leib und Seele Gutes tun.
Alles, was «hyggelig*» macht!
Die Dänen ticken in vielerlei Hinsicht nicht so wie wir Schweizer. Sie lassen alles grundsätzlich etwas ruhiger angehen. Der Märchenschreiber Hans-Christian Andersen bringt das dänische Lebensgefühl mit einem Zitat auf den Punkt: «Der grosse Reichtum unseres Lebens, das sind die kleinen Sonnenstrahlen, die jeden Tag auf unseren Weg fallen.» Vielleicht liegt es auch daran, dass 50 km die maximale Strecke sind, die eine Däne bis zum nächsten Strand zurücklegen muss. Oder dass er das Fahrrad dem Auto vorzieht. Oder liegt es doch am blauen Blut, der Königin, die an der Spitze des Landes thront? Ich für meinen Teil bin überzeugt: Es liegt zu einem grossen Teil am hervorragenden Essen. Die dänische Küche ist so unaufgeregt aufregend.
* Wie geht HYGGE?
Alles, was es für Hygge braucht, sind wir selbst. Es bedeutet, den Moment zu geniessen und Negatives hinter sich zu lassen; sich und anderen etwas Gutes zu tun sowie das Leben so angenehm und schön wie möglich zu gestalten.
Trunkene Abendfreude hat fastende Morgensorge.
Zitat aus Dänemark
Weil sie es wirklich können
Seit einigen Jahren erlebt die nordische Küche mit ihren Gerichten einen globalen Durchbruch. Forscher an der Universität Kopenhagen haben festgestellt, dass die traditionelle skandinavische Küche ohne weiteres mit der gesunden Mittelmeerküche mithalten kann. Doch ich behaupte, der Durchbruch ist nicht der Wissenschaft, sondern zu einem grossen Teil den enthusiastischen Köchen und Bäckern zu verdanken. Allen voran René Redzepi, Koch im Restaurant Noma, der seine Vision von einer konsequent regionalen und saisonalen Küche in die Welt hinausgetragen hat; oder Ole & Steen, Ole Kristoffersen und Steen Skallebæk, den Gründern der Bäckereikette Lagkagehuset, die bewiesen haben, dass Qualität nicht zwingend dem Wachstum zum Opfer fallen muss. Natürlich könnte man allen dreien ankreiden, dass sie im Kleinen interessanter geblieben wären. Eins ist sicher: Sie alle haben die nordische Küche und Backkunst der Welt zugänglich gemacht und viele Köche und Bäcker auf allen Kontinenten inspiriert.
Ein Gedicht in 5 Gängen
Ich habe mich schon oft gefragt: Was macht eigentlich eine hochstehende Küche aus? Die Antwort erscheint mir logisch; sie schmeckt. So auch die Gerichte von Mads Rye Magnusson, des ehemaligen Küchenchefs des mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten «Geraniums». Sein Restaurant Mes ist ein intimer, erfrischend skurriler Ort mit Moos-Wand und Graffiti-Toiletten, gestaltet vom einheimischen Künstler Fy. Magnusson setzt auf lokale Marktprodukte und darauf, dass jeder Gang so schön anzusehen ist, wie er schmeckt. Und: Das Restaurant Mes wird seinem Motto «bezahlbarer Luxus» zu 120 Prozent gerecht und bringt so die neue nordische Küche auch der breiten Masse näher.
Butterbrot und «Zuckerpeitsche»
Dieser foodige Reisebericht kann nicht enden ohne eine Ode an zwei dänische Nationalgerichte: Smørrebrød und Wienerbrød. Warum der Hype um ein belegtes Butterbrot und ein Plundergebäck? Die Antwort steckt auch hier in ihrer Einfachheit. Smørrebrød sind kunstvoll belegte Butterbrote. Das klassische, hoch belegte und oft fettige Smørrebrød wurde inzwischen durch eine modernere Version abgelöst: mit gröberem Roggenbrot, dünneren Scheiben und einer dezenteren Butterschicht. Der Geschmack und die Qualität des Aufschnitts sind dafür umso besser. Mir haben es besonders die belegten Brote mit fischigem Belag wie Lachs oder Krevetten angetan. Das süsse Pendant dazu, das Blätterteiggebäck Wienerbrød, ist bei uns eher bekannt als dänischer Plunder. In Kopenhagen gibt es ihn in jeder Bäckerei und in zig Varianten. Egal, ob «kanelsnegl» mit Zimt oder «spandauer» mit Vanille-, Himbeer- oder Schokoladeneinlage – klebrige Finger und eine «Zuckerpeitsche» sind gewiss. Selbstverständlich habe ich alle Varianten ausprobiert. Mein Herz schlägt besonders hoch für die zimtigen Ausführungen. Das Fazit meines Kurztrips nach Kopenhagen: Essen macht glücklich – auch mit vierzig. Das wissen wir nicht erst, seitdem wissenschaftlich erwiesen ist, dass der Darm als zweites Gehirn fungiert. Und Essen trägt ganz bestimmt einen Grossteil zum dänischen Lebensgefühl bei.
Bilder: Nina Vagli
Der Coupe aus Dänemark
Das vielleicht klassischste Speiseeis-Dessert der Schweiz soll Überlieferungen zufolge in Kopenhagen erfunden worden sein. Nach einer Abendveranstaltung im Vergnügungspark Tivoli verlangte ein Gast noch ein Dessert. Allerdings hatte das Restaurant nur noch Vanilleeis, das der Koch mit einer Sauce aus geschmolzener Schokolade übergoss. Die Spontankreation kam als festes Gericht auf die Speisekarte und wurde fortan «Coupe Dänemark» genannt.
Must Not See
Die kleine Meerjungfrau, eine Bronzefigur an der Uferpromenade. Lieber etwas mehr Zeit mit Essen und Trinken verbringen.
Meine Tipps:
Must Eat (and Drink)
Smørrebrød (belegte Brote)
Wienerbrød (Plundergebäcke)
Dänische Hot Dogs (nur echt mit der roten Wurst)
Frikadeller (die dänische Version der Fleischbällchen)
Øl (dänisches Bier – am besten aus einer Mikrobrauerei)
Lakrids (Bärendreck)
Mes und Meille
Das Restaurant Mes und seine kleinere Schwester, das Restaurant Meille, sind Luftlinie 200 Meter voneinander entfernt. Beide huldigen der neuen nordischen Küche (saisonal und nachhaltig) und sind auch für das kleinere Portemonnaie gedacht.
Torvehallerne
Längst kein Geheimtipp mehr: Der Besuch der Food-Halle verspricht immer ein gastronomisches Erlebnis zu werden – nicht nur, weil hier tausend Düfte zusammenkommen und die Entscheidung für nur ein Gericht sehr schwerfällt. Daher zwingend viel Zeit und Hunger mitbringen.
Fahrrad statt Auto
Machen Sie es wie die Dänen und steigen Sie aufs Rad. Die flache Stadt und ihre schönsten Wahrzeichen lassen sich auf zwei Rädern in einem Tag entdecken. Sollte das Wetter gerade nicht mitspielen, warten Sie einfach eine Stunde. Die Sonne scheint dann bestimmt wieder. Fahrräder werden in jedem Hotel zur Miete angeboten.