Katja Bopp macht seit über 10 Jahren die Schweizer Schokoladeszene bekannt, vermittelt Wissen und Trends rund um das zartschmelzende Wahrzeichen unseres Landes. Im Gespräch haben wir die Erfahrungen und Einschätzungen der «Schoggi-Liebhaberin» angezapft.
Katja Bopp, wie würden Sie die Ziele Ihres Magazins beschreiben?
Wir sind ein Genussmagazin, das Schokoladen-Liebhaber:innen inspiriert, informiert und unterhält. Wir berichten über leidenschaftliche Chocolatiers, blicken hinter die Handwerkskunst, Nachhaltigkeit, Trends und Pairings mit Kaffee, Spirituosen oder Wein. Im «Choco Guide» steht das Handwerk im Mittelpunkt; wir geben Tipps zu den besten Chocolaterien, Cafés, Confserien oder Onlineshops. Weiter inspirieren wir unsere Leser:innen mit Genuss-Oasen wie liebevoll geführten Hotels oder herausragenden Restaurants und möchten möglichst alle Sinne anregen.
Wie hat sich Ihr Blick auf Schoggi durch Ihre Tätigkeit verändert?
Ich esse noch mehr Schokolade (lacht). Ich bin beeindruckt von der Kreativität und vom Handwerk der Chocolatiers. Da steckt immer viel Arbeit dahinter. Ich bin überzeugt: Wenn noch mehr über die Produkte kommuniziert wird in Zukunft, würden die Schokoladeprodukte noch mehr wertgeschätzt. Die Ausbildung des Personals hat hier eine hohe Priorität. Wenn ich beispielsweise bei Casa Nobile oder Fabian Rimann etwas über Couverture wissen will, bekomme ich immer eine kompetente Antwort. So sollte es überall sein. Und ich kann heute dank der unzähligen Degustationen viel besser erkennen: Ist ein Produkt frisch, enthält es zu viel Zucker und wenig Schokolade?
Als Ihr Magazin lanciert wurde, sagten Sie, Schokolade sei ein emotionales Produkt. Was meinen Sie damit?
Mit Schokolade sind positive Kindheitserinnerungen verknüpft wie Geburtstage, Ostern oder Weihnachten. Sie erinnern uns an besondere Anlässe wie Kuchen backen mit dem Grosi, das erste Pralinato in der Badi oder das erste selbst gekaufte Branchli am Kiosk. Schokolade ist in meinen Augen das emotionalste Food-Produkt. Die Geschmacksknospen explodieren, wenn die Schokolade auf der Zunge zergeht. Bis zu 600 Aromen – mehr als im Wein – haben Experten bereits in Kakaobohnen gefunden. Das ist für Genussliebhaber: innen ein Eldorado.
Wie geht es der Schweizer Schokoladeszene?
Alle Unternehmen, ob klein oder gross, haben derzeit mit erhöhten Energie- und Rohstoffpreisen und dem Fachkräftemangel zu kämpfen. Das kann auch eine Chance sein – in der Krise wird man wieder kreativ. Die Schweizer Schokoladeszene ist ja sehr divers; da gibt es grosse Player, international tätige Konzerne und kleinere, lokale Hersteller und Lieferanten. Viele kleine und feine Chocolaterien haben sich in den letzten Jahren aufgemacht, qualitativ hochstehende Schokolade in verschiedenen Formen herzustellen. Darunter gibt es – neben den Etablierten – auch Quereinsteiger: innen, Nachfolger:innen, die Neues wagen und diese genussvolle Handwerkskunst sichtlich beleben. Denn Qualität setzt sich immer durch.
Katja Bopp
Die Chefredaktorin des Magazins «Choco Guide», das sie 2012 als «Choco» mitlancierte, hat Unternehmenskommunikation und Betriebswirtschaft studiert. Als sie als Fan von Schokolade und Savoir-vivre überrascht erkannte, dass es noch kein Schweizer Schoggi-Magazin gab, schloss sie diese Lücke.
Wovon würden Sie in der Gastronomie gerne mehr sehen, was Schokolade anbelangt?
Vor rund 10 Jahren wurde mir im Restaurant Heimberg in Zermatt eine Holzschatulle mit diversen Frisch-Schoggis von Läderach zum Espresso gereicht, woraus ich ein paar Stücke auswählen konnte. Das war unter anderem der Grund, da immer wieder essen zu gehen (lacht). Das Dessert oder ein Stück Schokolade ist der letzte Eindruck, der in Erinnerung bleiben wird. «Nala – the Chocolate Queen» bietet seit diesem Jahr für die gehobene Gastronomie ihre exquisiten Pralinen in einem Chocodor an. Im «Enja» in Zürich wird auf der Dessertkarte Schokolade von La Flor angeboten. Ich denke, da gibt es noch ganz viele Ideen, die die Gastronomie im Bereich Schokolade umsetzen kann. Das kann auch für den Tourismus interessant sein, um weiter dem Mythos «Schoggi-Schweiz» gerecht zu werden.
Die Deutschweizer:innen mögen Milch-Nuss-Schokolade immer noch am liebsten.
Katja Bopp
Chefredaktorin «Choco Guide»
Welche Bedeutung hat bei der Schoggi die Verpackung, das Design? Sind da Veränderungen zu sehen?
Die Verpackung spielt eine entscheidende Rolle. Ob mich ein Produkt anspricht oder nicht, entscheidet sich in wenigen Millisekunden. So kann man mit einem ausgefallenen Design überraschen. Die Wertigkeit des Produktes soll sich auch in der Wertigkeit der Verpackung zeigen. Das Auge isst ja mit (schmunzelt). Hier liegt der Fokus auch auf der Nachhaltigkeit: FSC-zertifiziertes Verpackungsmaterial oder rezyklierte Materialien sind immer mehr gefragt.
Welche Schokoladentrends sehen Sie am Horizont herannahen?
Grand Cru ist gekommen, um zu bleiben. Die Deutschschweizer:innen sind zwar immer noch Milch-Nuss-Schokoladen- Liebhaber:innen, aber auch die dunkle Schokolade setzt sich immer mehr durch. Die französische Schweiz wie auch Frankreich oder Belgien zelebrieren die hochprozentige Couverture. Weitere Einflüsse aus anderen Ländern werden sich weiter etablieren, denn die Schweiz ist ja sehr multikulturell. Auf der anderen Seite werden die traditionellen Produkte weiterhin ihre Berechtigung haben, wenn sie gut gemacht sind. Die Tendenz geht in die Richtung «weniger Sorten, dafür hochwertig gemacht». Das drückt zwar mehr aufs Portemonnaie, aber einzigartige Genussmomente sind garantiert. Auch um die Megatrends Digitalisierung und Nachhaltigkeit kommt keiner herum. Ein Onlineshop gehört heute einfach zum Standard dazu; die Mehrheit informiert sich ja heute digital, wenn es um Konsum geht. Auch nachhaltige Produkte rücken immer mehr in den Fokus. Wir sind heute zwar global vernetzt, aber regional verankert. Einige Chocolatiers machen es vor; sie verwenden vorwiegend Ingredienzen aus ihrer Region. Nachhaltigkeit heisst aber auch, nicht nur im ökologischen Bereich Massnahmen zu ergreifen, sondern auch soziale und ökonomische Überlegungen miteinzubeziehen. Stichwort: soziale Einrichtungen wie Gasparini oder die Stiftung St. Jakob. Hier werden beeinträchtigte Personen wieder in die Arbeitswelt integriert.
La Flor – fair alleine reicht uns nicht
Fairtrade in der Produktion von Schokoladen setzt sich zunehmend durch. Doch bei La Flor gibt man sich damit nicht zufrieden.
Casa Nobile – Schoggi-Kreationen, die ihresgleichen suchen
Ihre Kreationen sind gewagt und begeistern hoch dotierte Küchenchefs, Staatsmänner und den verwöhnten Geniesser – willkommen in der Casa Nobile.
Zum Schluss: Was ist Ihr persönlicher Schoggi-Geheimtipp?
Geniessen. Zum Beispiel die Schweizer «Momente N° 4» mit Rosenmelisse aus dem Puschlav und Bündner Berghonig von Casa Nobile oder Champagner-Truffes von Fabian Rimann. Je nach Saison kommen jeweils andere Schoggi-Leckereien dazu. Ich liebe auch ausgefallene Kombinationen wie Pralinen mit Tee oder Pairings mit Rosé und Macarons. Mein Schoggi-Geheimtipp an alle: entdecken und ausprobieren!
Bilder: Adrian Ehrbar/Choco Guide; Johner Images/Getty Images